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Das NSN-Büro in Dubai.

Foto: Reuters/Jadallahns

Washington/Teheran/Wien - Der iranische Journalist und Dissident Isa Saharchiz hat vor einem US-Gericht die Technologiefirma NSN verklagt. Der Grund: Die gemeinsame Tochter von Nokia und Siemens soll Abhörtechnologien an die iranische Regierung verkauft haben. Saharchiz sitzt seit über einem Jahr im Gefängnis - ein Resultat von Handyüberwachungen mit NSN-Ausrüstung, argumentieren seine US-Anwälte.

Saharchiz soll abgehört und aufgrund dessen verhaftet worden sein. Die Firma trage Mitschuld an seiner Verhaftung, weil die missbräuchliche Verwendung der NSN-Technik vorhersehbar gewesen sei. "Der zentrale Punkt ist, dass Nokia Siemens Networks zum Zeitpunkt des Geschäfts mit dem Iran wusste, dass die iranische Regierung die Technologie für Menschenrechtsverletzungen nützen würde", sagte der Anwalt Ali Herischi dem Standard.

Klage eingereicht

Die Klage ist am Montag bei m US-Bundesgericht in Virginia eingereicht worden. Darin wird das Unternehmen auch aufgefordert, ihre Verbindungen zur iranischen Regierung zu nutzen, um die Freilassung von Saharchiz zu erwirken - und die "unrechtmäßige Unterstützung von Abhörzentren" im Iran einzustellen.

NSN weist die Vorwürfe zurück und erklärt, es handele sich um herkömmliche und weltweit angewandte Technik zur Kontrolle des Telefonverkehrs. Auch die Komponenten zur Überwachung seien "innerhalb des rechtlichen Rahmens" und auf Verlangen der USAund EU zum globalen Standard dieser Technologie geworden. Es sei unrealistisch zu verlangen, dass Mobiltechnologien ohne solche Komponenten verkauft werden, hieß es in einer Presseerklärung von NSN.

"Mithilfe der Unternehmen"

Bereits in der Vergangenheit haben Menschenrechtler ähnliche Vorwürfe gegen NSN vorgebracht, darunter auch die iranische Friedensnobelpreisträgerin Shirin Ebadi. Im Juni hatte sie in einem Interview mit einem französischen Radiosender gesagt, dass westliche Unternehmen der iranischen Regierung bei der Unterdrückung helfen würden. "Im Fall von Siemens und Nokia wird erneut deutlich, dass durch gelieferte Technologie mobile Telefonate und SMS-Nachrichten überwacht werden können" , erklärt Ebadi.

Nach Angaben seiner US-Anwälte wird Isa Saharchiz im Gefängnis sowohl physisch als auch psychisch gefoltert. "Leider gibt es Berichte, wonach sich sein Gesundheitszustand verschlechtert hat" , sagte Herischi. Die Regierung verweigere ihm immer noch eine angemessene medizinische Versorgung.

Da Saharchiz seit mehr als zwölf Monaten in Haft sitzt, kommunizieren seine Anwälte mit seinem Sohn Mehdi. Doch auch dieser Kontakt sei schwierig. Er befinde sich im Iran und sei somit in permanenter Gefahr, sagte Herischi. "Dieser Fall hat Auswirkungen auf die Menschrechtsaktivisten in der ganzen Welt. Wir hoffen, dass sämtliche Betriebe Rechenschaft über ihre Geschäfte ablegen müssen, durch welche offensichtliche Menschenrechtsverletzungen stattfinden." (Sahel Zarinfard/DER STANDARD, Printausgabe, 25.8.2010)