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Aktivisten des Greenpeace-Schiffes "Esperanza" (li.) protestierten vor Grönlands Küste gegen den dort geplanten Ölabbau. Ihr Boot wurde von einem dänischen Kriegsschiff zum Abdrehen gezwungen.

Foto: APA/EPA/Rose

Umweltaktivisten machen mobil - und werden von einem Kriegsschiff an der Weiterfahrt gehindert.

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Nuuk/Wien - Die schottische Explorationsfirma Cairn Energy hat Anzeichen eines reichen Öl- und Gasvorkommens vor der Küste Grönlands entdeckt. Das bestätigte ein Sprecher am Dienstag. Schon sein längerem vermuten Wissenschafter in der Arktisregion große Rohstoffvorkommen.

Prompt regte sich Widerstand von Umweltaktivisten gegen das Förderprojekt. Ein Greenpeace-Boot versuchte am Montag, zur Probebohrinsel von Cairn zu fahren, um zu protestieren. Es wurde von einem dänischen Kriegsschiff durch Drohungen am der Weiterfahrt gehindert. Dänemark ist Schutzmacht Grönlands und stellt deren Marineaufgebot.

Die Umweltaktivisten drückten ihren Ärger über die Bohrungen aus. "Es klingt in unseren Ohren verrückt, dass die Polarkappen wegen der globalen Erwärmung schmelzen, und die Ölindustrie als Reaktion darauf selbst dort noch zu bohren beginnt" , klagte ein Sprecher von Greenpeace.

Noch ist unklar, wie viel Öl tatsächlich in der Baffin Bay zwischen Grönland und Kanada liegt, wo Cairn und andere Firmen derzeit suchen. Doch eine geologische Studie der US-Regierung aus dem Jahr 2008 schätzt, dass nördlich des Polarkreises insgesamt 90 Milliarden Barrel an bisher unentdecktem, jedoch nach modernen technischen Möglichkeiten erreichbarem Öl liegen. Die Gasvorkommen könnten zudem bis zu 1670 Billionen Kubikfuß Erdgas ausmachen. Auch viele anderen Rohstoffe werden im ewigen Eis vermutet.

Wem künftige Funde gehören, ist oft eine Streitfrage. Fünf Anrainerstaaten - Russland, USA, Kanada, Norwegen, und Dänemark - erheben Gebietsansprüche in der Arktis. Viele Grenzverläufe sind noch umstritten, und damit auch, wer die Rechte zum Abbau von Rohstoffen dort vergeben darf.

"Der Kuhhandel um die Arktis hat gerade erst begonnen" , sagte Ágúst Thór Árnason, ein isländischer Experte für arktisches Recht dem Standard. In den kommenden zwei, drei Jahren würden die Anrainerstaaten verstärkt ihre Begehrlichkeiten bekunden. Besonders kommerzielle Absichten Russlands können dabei eine treibende Kraft werden.

Öl bringt Unabhängigkeit

Große Konsequenzen werde der aktuelle Ölfund aber zunächst vor allem für das einwohnerarme Grönland haben. "Ölgelder könnten Grönland die Unabhängigkeit von Dänemark finanzierten" , spekulierte Árnarson. Die Insel ist zwar formal autonom, ist aber trotz Unabhängigkeitsbestrebungen bisher auf Hilfe aus Kopenhagen angewiesen.

Harte Konfrontationen um die Arktis-Rohstoffe hält der Experte aber für unwahrscheinlich. Zwar kommt es immer wieder zu Provokationen. 2007 pflanzte ein russisches Uboot eine Flagge auf den Grund unter dem Nordpol. Wenig später ließ Kanada Kampfflugzeuge im hohen Norden patroullieren, nachdem Russland angeblich durch illegale Überflüge den Luftraum verletzte.

Doch bis zum Jahr 2013 sollen alle Arktis-Anrainer der Uno Lösungsvorschläge machen. Die "arktischen Fünf" werden dann, hofft Árnarson, eine Polar-Konvention ausarbeiten, die alle Streitfragen löst. (Alexander Fanta/DER STANDARD, Printausgabe, 25.8.2010)