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Ex-Präsidentschaftskandidat John McCain, hier bei einem Auftritt am Montag, konnte sich bei den parteiinternen Vorwahlen in seiner Heimat Arizona gegen den Kandidaten der Tea Party behaupten.

Foto: Reuters/Joshua Lott

John McCain kann Luft holen. Der Aufstand der Hinterbänkler ist abgewehrt. In Arizona schicken ihn die Republikaner bei der Kongresswahl im Herbst ins Rennen, sodass er seinen Sitz im US-Senat verteidigen kann.

Nach einem harten Vorwahlduell, bei dem die politische Zukunft des konservativen Widersachers Barack Obamas am seidenen Faden zu hängen schien, konnte McCain am Ende frohlocken. Klarer als erwartet behielt er die Oberhand über einen Rivalen, der auf der Tea-Party-Welle zu schwimmen versuchte. McCain kam auf 56 Prozent der Stimmen. Sein Konkurrent John David Hayworth, ein Radiomoderator mit simplen rechten Parolen, erzielte 32 Prozent, während der Rest auf den krassen Außenseiter Jim Deakin entfiel.

Zumindest im Südwesten der USA ist der Höhenflug der Tea Party damit vorläufig gestoppt. Nach dem Wahlsieg Obamas als spontane Bewegung enttäuschter vorgeblicher Steuerrebellen entstanden, nutzten die Populisten die trübe Stimmung der Wirtschaftskrise, um zum "Marsch durch die Institutionen" zu blasen. Hohe Arbeitslosenzahlen, Rekorddefizite und ein diffuses Gefühl der Ratlosigkeit im Wettbewerb mit dem aufstrebenden China lassen Amtsinhaber derzeit generell schlecht aussehen, oft unabhängig vom Parteibuch.

Wer die Etablierten als furchtloser Außenseiter attackiert, hat oft gute Karten. Von dieser Großwetterlage wollte Hayworth profitieren, indem er sich den Segen der Tea Party holte. Am Ende nahmen ihm die Wähler den Wandel nicht ab: Der Mann saß selbst zwölf Jahre im Kongress in Washington, zu lange, um die Rolle des Aufständischen glaubwürdig spielen zu können.

Wandelbarer McCain

McCain allerdings musste sich opportunistisch verbiegen, um seinen Herausforderer in die Schranken zu weisen. Eine Fallstudie, an der sich ablesen lässt, welchen Rechtsruck die Tea Party auslöst, auch wenn sie ihre Wunschkandidaten nicht durchsetzen kann.

Um Hayworth abzuwehren, wechselte McCain bei der hitzigen Debatte um illegale Einwanderer ins Lager der Hardliner. Flankiert von einem Sheriff, ließ er sich für die Wahlwerbung am Grenzzaun filmen, der Arizona von Mexiko trennt. "Vollenden wir den verdammten Zaun", pflichtete McCain dem Ordnungshüter bei.

Noch vor fünf Jahren, als die Wirtschaft boomte und billige Arbeitskräfte aus Lateinamerika willkommen waren, hatte er sich gegen den Bau neuer Grenzbarrieren gestellt und stattdessen einer wohlregulierten Einwanderung das Wort geredet; er galt als Moderater. Nun verspottet ihn die Führung der Demokraten gar als einen Erzkonservativen "in der Schale eines Politikers, der einmal John McCain war".

In Alaska wiederum sieht es so aus, als habe die Tea Party das Establishment tatsächlich erschüttert. Nach vorläufigen Ergebnissen liegt Lisa Murkowski, seit acht Jahren Senatorin, Kopf an Kopf mit Joe Miller, einem Anwalt, der sich als "Alaskas wahrer Konservativer" präsentiert. Miller lehnt Gesundheitsreform, Bankenrettungs- und Konjunkturpakete als Verfassungsverstöße ab und will die Rechte der Bundesregierung auf ein Minimum beschneiden. Eine Familienfehde brachte zusätzliche Würze: Die rechte Ikone Sarah Palin legte sich für Miller ins Zeug, um den Murkowskis eins auszuwischen.

2006 hatte Palin den Vater der Senatorin, Frank Murkowski, aus dem Gouverneursamt Alaskas gedrängt. Dieser hatte seiner Tochter zuvor sein Senatsmandat vermacht. Palin profilierte sich im Duell mit der Politiker-Sippe.

Palins Blick gilt nun der Präsidentschaftswahl 2012. Als Königsmacherin, mit einer starken Hausmacht an Tea Party-Aktivisten im Rücken, will sie zumindest als Strippenzieherin agieren. (Frank Herrmann aus Washington/DER STANDARD, Printausgabe, 26.8.2010)