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Rom/Bozen - Ötzi, der mumifizierte Mann aus dem Eis, könnte im Tal gestorben, seine mumifizierte Leiche erst Monate nach seinem Tod an die spätere Fundstelle im Südtiroler Teil der Ötztaler Alpen gebracht worden sein. Diese Hypothese stellte Wissenschafter Alessandro Vanzetti von der Universität Rom nach fünfjähriger Recherche auf.

"Der Eismann wurde auf niederer Seehöhe in einem Streit getötet, die Leiche wurde eingelagert, sie mumifizierte; Monate später wurde sie auf den Pass gebracht, dort bestattet und mit Grabbeigaben versehen", so Vanzetti. Das soll auch erklären, warum manche von Ötzis Waffen nicht gebrauchsfähig waren - sein Bogen und zwölf der 14 Pfeile seien nur halb fertig gewesen. Das könnte auch erklären, warum man überhaupt so viele Dinge bei der Mumie gefunden hat - wertvolle Dinge, ein Sieger im Kampf hätte sie wohl mitgenommen -, und warum in der Schulter nur eine Pfeilspitze war, und nicht mehr der ganze Pfeil. Zudem würde die Hypothese laut Vanzetti zu den Pollen in Ötzi und um ihn herum passen: Analysen seines letzten Mahls hätten gezeigt, dass er es vermutlich im April zu sich genommen habe. Die Pollen an der Fundstätte jedoch deuteten auf August/September als Bestattungszeitpunkt.

Szenario

Das ergibt laut Vanzetti das Szenario, dass Ötzi im April irgendwo im Tal starb, nicht bestattet werden konnte und vorläufig in einen kühlen Raum kam - so hielt man es in Tirol vom 16. bis ins 20. Jahrhundert. Dort mumifizierte er. Man sehe es ihm an, der Steinzeitjäger sei an der Luft ausgetrocknet und sei nicht im Schnee begraben gewesen. Als der Schnee in den Bergen getaut war, sei er hinauf gebracht, auf eine Steinplattform bzw. eine Grasmatte gebettet worden - dies sei das, was man bisher als Umhang gedeutet habe.

Warum an so ein Szenario bisher nicht gedacht worden sei, erklärte Vanzetti mit der "Pompeji-Prämisse": Archäologen würden leicht der Versuchung erliegen, Funde für exakte Konservierungen zu halten.

Postskriptum

Und nach knapp 19 Jahren hat nun auch der Rechtsstreit um den Finderlohn für "Ötzi" seinen endgültigen Abschluss gefunden. Der Südtiroler Landeshauptmann Luis Durnwalder überreichte dem Rechtsanwalt der Nürnberger Familie Simon, Georg Rudolph, einen "symbolischen" Scheck über 175.000 Euro. Auf diese Summe hatten sich beide Parteien im Juni geeinigt.

Erika Simon und ihr inzwischen verstorbener Mann Helmut, der im Oktober 2004 im Alter von 67 Jahren bei einer Bergwanderung in den Salzburger Alpen in der Nähe von Hofgastein ums Leben gekommen war, hatten "Ötzi" im September 1991 beim Wandern entdeckt. Ursprünglich wollte Südtirol den Nürnberger Urlaubern nur 50.000 Euro für den Sensationsfund zahlen. Auch zwei langjährige Prozesse brachten kein Ergebnis. Vor einem Jahr hatte die Südtiroler Landesregierung den Simons 150.000 Euro in Aussicht gestellt, doch auch diese Einigung platzte.

"Es ist ein langer und steiniger Weg, der heute zu Ende geht, und jetzt ist alles erledigt und wunderbar", sagte Rudolph im Palais Widmann in Bozen nach der Scheck-Übergabe. Für Durnwalder - und nicht nur ihn - kehrt damit "endlich Ruhe rund um den Fund des Ötzi ein". (APA/red)