Innsbruck - Die vom Vorstand der Tirol Milch am gestrigen Mittwoch vereinbarte Fusion mit der oberösterreichischen Berglandmilch hat nun in Tirol eine politische Debatte zur Folge. Landeshauptmann Günther Platter und Agrar-Landesrat Anton Steixner (beide ÖVP) äußerten sich bereits ablehnend dazu, am Donnerstag kritisierten auch Vertreter der Oppositionsparteien den Wunsch des Vorstandes.

Fritz Dinkhauser vom Bürgerforum betonte, die einzige Chance sei die "Eigenständigkeit der starken Marke Tirol". Kein Tiroler Konsument und auch kein Handelsunternehmen werde auf eine verwässerte Marke Tirol setzen. Wo Tirol drauf steht dürfe nichts anderes als Tirol drinnen sein. "In Zeiten von Schummelschinken und Analogkäse kommt heute gerade der Glaubwürdigkeit von Lebensmitteln eine immer größere Bedeutung zu", so Dinkhauser.

Tirols FP-Chef Gerald Hauser forderte eine Lösung mit Südtirol. Sie müsse ernsthaft gesucht und gefunden werden. Wenn man schon immer von der Europaregion Tirol und vom Ausbau der Zusammenarbeit in Gesamttirol rede, müsse das auch gelebt werden, meinte Hauser. Es dürfe keinen Ausverkauf von Tiroler Marken geben. 

"Land muss mitreden"

Wie berichtet, wollen die Eigentümer der Genossenschaft im September über das Zusammengehen mit den Oberösterreichern abstimmen. Das Land müsse dabei aber mitreden, fordert die SP-Landwirtschaftssprecherin Elisabeth Blanik. "Es kann nicht hingenommen werden, dass 4.000 Milchbauern allein darüber entscheiden, was mit der Tirol Milch passiert. Ein nicht unwesentlicher Betrag an Steuergeldern ist in den letzten Jahren in die Tirol Milch geflossen." Ständig werde die hohe Qualität der Tiroler Bauernprodukte betont. Es gebe sogar eigene Vermarktungsschienen und dann gelinge es nicht, das Produkt Tirol Milch erfolgreich am Markt zu positionieren. "Südtirol macht vor, wie man eigenständig bleiben und trotzdem den Bauern einen guten Preis für die Milch zahlen kann", so Blanik.

Der Vorstand der Tirol Milch hatte sich am Mittwoch für einen Zusammenschluss mit der Berglandmilch ausgesprochen. Er folgte damit den Empfehlungen von Milchwirtschafts-Experten, die der Meinung waren, dass ein gemeinsamer Weg mit den Oberösterreichern der "sicherere" und "einfachere" wäre. Stefan Lindner, interimistischer Obmann der Tirol Milch, kündigte außerdem Einschnitte beim Personal an. Darüber hinaus sollen unrentable Produkte aus dem Sortiment genommen werden und der Anteil der Versandmilch reduziert werden. Eine Tirol-Milch Produktions- und Vertriebsgesellschaft mit Standort in Wörgl soll es aber weiterhin geben. Nicht garantieren konnte er, dass auch in Lienz künftig noch produziert werde. 

Zahlen und Daten

 

Berglandmilch hat im Vorjahr 940 Mio. Kilo Milch von knapp 13.000 Lieferanten verarbeitet, die Zahl der Mitarbeiter lag bei rund 1.000. Der Umsatz der Berglandmilch sank von 692 auf 610 Mio. Euro. Die Unternehmensleitung führte das Minus auf das deutlich gesunkene Preisniveau auf den internationalen Märkten zurück. Das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (EGT) hingegen konnte von 2 auf 7,3 Mio. Euro gesteigert werden. Die Berglandmilch hat im Jahresschnitt 2009 an ihre Milchlieferanten 33,10 Cent ausbezahlt, der Bundesschnitt lag bei 32,26 Cent.

Die Tirol Milch musste 2009 ebenfalls einen Umsatzrückgang hinnehmen - von knapp 9 Prozent auf 136,2 Mio. Euro. Nach einem Verlust von 5,145 Mio. Euro erzielte die Molkerei einen Bilanz-Überschuss von 352.000 Euro. Für heuer wird ein Umsatz von 140 Mio. Euro und ein Bilanzgewinn von einer halben Mio. Euro angepeilt. Von rund 4.100 Bauern wurden 217 Mio. Kilo Milch angeliefert, im Jahr zuvor waren es 222 Mio. gewesen. Durch den "schlechten ausbezahlten Milchpreis, der an die Grenze des erträglichen ging", hätten zwei Prozent der Bauern gekündigt, hieß es. Der Preis lag teilweise bei 28 Cent.

Die Nummer zwei der österreichischen Milchwirtschaft ist mit einem Umsatz von 345 Mio. Euro (2009) die NÖM AG, gefolgt von der Gmundner Milch (165 Mio. Euro). Zu den zehn umsatzstärksten Unternehmen gehören weiters Rupp Käsle als Nummer fünf mit einem Umsatz von 105 Mio. Euro. Dahinter liegen Alpenmilch Salzburg (102 Mio. Euro), Gebrüder Woerle (98 Mio. Euro), Obersteirische Molkerei (80 Mio. Euro), Kärntnermilch (79 Mio. Euro) und Pinzgau Milch (73 Mio. Euro).

(red/APA)