Die Simulation zeigt: Aus der Verschmelzung von Galaxien entstand eine dichte Scheibe mit einer supermassiven Wolke im Zentrum.

Bild: UZH

Zürich - Die ersten supermassiven Schwarzen Löcher dürften kurz nach dem Urknall entstanden sein. Zu diesem Schluss kommt eine internationale Forschungsgruppe unter der Leitung von Lucio Mayer von der Universität Zürich. Wie die Forscher im Journal "Nature" schreiben, haben sich die supermassiven Schwarzen Löcher vor rund 13 Milliarden Jahren, also zu Beginn des Universums, durch die Kollision von Galaxien gebildet.

Nach aktuellem Kenntnisstand ist das Universum rund 14 Milliarden Jahre alt. Kürzlich fanden Forschungsgruppen heraus, dass Galaxien wesentlich früher als bisher angenommen - nämlich bereits innerhalb der ersten Milliarde Jahre - entstanden sind. Die Computersimulationen von Mayers Team zeigen nun, dass sich die allerersten supermassiven Schwarzen Löcher gebildet haben dürften, als diese frühen Galaxien miteinander kollidierten und verschmolzen.

Scheinbares Paradox

Die Forscher haben die Annahme auf den Kopf gestellt, dass riesige Galaxien hierarchisch wachsen, also durch die Gravitation zuerst kleine Massen zusammengezogen werden und aus diesen dann schrittweise größere Strukturen entstanden sind. "Unser Resultat zeigt, dass große Strukturen wie Galaxien und massive Schwarze Löcher in der Geschichte des Universums schnell entstanden sind. Auf den ersten Blick erscheint dies als Widerspruch zur Standardtheorie mit kalter Dunkler Materie, welche die hierarchische Bildung von Galaxien beschreibt", so Mayer. Das scheinbare Paradox sei aber erklärbar: "Normale Materie, aus welcher der sichtbare Teil der Galaxien und supermassive Schwarze Löcher aufgebaut sind, kollabiert stärker als Dunkle Materie. Sie formt schnell supermassive Galaxien in den dichtesten Regionen des Universums, wo die Gravitation zuerst Strukturen bildet. Dies ermöglicht die scheinbar nicht-hierarchische Bildung von Galaxien und Schwarzen Löchern."

Kleinere Galaxien wie unsere Milchstraße und ihr vergleichsweise kleines Schwarzes Loch im Zentrum seien jedoch langsamer entstanden. Wie Mayer erläuterte, zählen die Galaxien der Simulation in der Realität zu den größten heute bekannten Galaxien. Sie wären rund hundertmal größer als die Milchstraße. Als Beispiel für eine derartige Riesengalaxie führte der Forscher unsere Nachbargalaxie M87 im Virgo-Galaxienhaufen an.

Simulationen

Ihre Simulationen mit Hilfe von Supercomputern hatte das Forschungsteam mit zwei großen primären Galaxien begonnen, die aus Sternen bestanden, wie sie für den Beginn des Universums charakteristisch waren. In der Folge wurde die Kollision und das Verschmelzen von Galaxien simuliert und die Forscher konnten beobachten, was als nächstes geschah: Zuerst kondensierten Gase und Staub im Zentrum der neuen Galaxie und formten dort eine dichte Scheibe. Diese wurde instabil, so dass die Gase und der Staub erneut kontrahierten und eine noch dichtere Region bildeten. Aus dieser entstand schließlich ein supermassives Schwarzes Loch ohne zuerst einen Stern zu bilden.

Konsequenzen

Für die Kosmologie haben die neuen Erkenntnisse der Forschungsgruppe zufolge Konsequenzen: Die Annahme, dass die Eigenschaften von Galaxien und die Masse des Schwarzen Lochs miteinander in Beziehung stehen, weil sie parallel wachsen, müsse revidiert werden. Im neuen Modell wächst das Schwarze Loch viel schneller als die Galaxie. Es sei somit denkbar, dass das Schwarze Loch nicht durch das Wachstum der Galaxie reguliert wird. Vielmehr könnte sein, dass die Galaxie durch das Wachstum des Schwarzen Lochs reguliert wird.

Das Team um Mayer vermutet zudem, dass die Forschung auch für Physiker nützlich sein wird, die Gravitationswellen nachweisen und damit den direkten Beweis von Einsteins Relativitätstheorie liefern wollen. Gemäß Einstein muss die Verschmelzung von supermassiven Schwarzen Löchern massive Gravitationswellen verursacht haben - Wellen im Raum-Zeit-Kontinuum, deren Überreste noch heute messbar sein sollten. Die Projekte LISA und LISA Pathfinder der Weltraumbehörden ESA und NASA wollen solche Gravitationswellen nachweisen. Um die künftigen Messresultate korrekt interpretieren zu können, sei es wichtig, die Entstehung von supermassiven Schwarzen Löchern in der Frühzeit des Universums zu verstehen, so die Forscher. (red)