Bild nicht mehr verfügbar.

Nadja Benaissa muss nicht ins Gefängnis

Foto: REUTERS/Boris Roessler

Die "No-Angels"-Sängerin Nadja Benaissa ist zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden. Das Amtsgericht Darmstadt in Deutschland verhängte am Donnerstag zwei Jahre Haft gegen die 28-Jährige, setzte die Strafe aber zu Bewährung aus, so dass sie nicht ins Gefängnis muss.

Nach einem Gutachten hatte die HIV-infizierte Künstlerin im Jahr 2004 mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit einen Mann mit dem Aids-Erreger angesteckt. Das Gericht befand sie deshalb der gefährlichen Körperverletzung und in einem anderen Fall der versuchten gefährlichen Körperverletzung für schuldig. Benaissa hatte schon zu Beginn des Prozesses gestanden, seit 1999 von ihrer HIV-Infektion gewusst und trotzdem ungeschützten Sex gehabt zu haben.

Gefährliche Körperverletzung

Der Staatsanwalt sah die Anklagevorwürfe der gefährlichen und versuchten gefährlichen Körperverletzung als bewiesen an. Der Gutachter Josef Eberle von der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität erklärt, dass die Sängerin mit "an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" für die HIV-Infektion ihres Exfreundes verantwortlich ist. Beide hätten einen sehr seltenen Virus-Typ, der erstmals in Westafrika nachgewiesen worden sei. Auch der Subtyp des Aids-Erregers stimme bei der Angeklagten und dem 34-jährigen Künstlerbetreuer überein. Dieser hatte 2007 von seiner Infektion erfahren und Benaissa 2008 angezeigt und damit das Verfahren ins Rollen gebracht.

Außerdem hatte sie mit zwei anderen Männern ungeschützt Sex, ihnen jedoch ihre Infektion verschwiegen. Weil diese aber nicht angesteckt wurden, gelten diese beiden Fälle als versuchte gefährliche Körperverletzung. Ein Fall wurde im Verlauf des Prozesses eingestellt, dieser betrifft Benaissas Exfreund, den sie 2004 bei Dreharbeiten für eine Fernsehshow in der Dominikanischen Republik kennengelernt hatte.

Benaissa selbst sagte am Mittwoch bereits: "Es tut mir von Herzen leid." Sie habe während des Prozesses gesehen, wie ihr Exfreund leide. "Ich wünsche, ich könnte die Zeit zurückdrehen und es ungeschehen machen", fügte die Angeklagte hinzu. Sie habe ihre Infektion verschwiegen, weil sie Angst vor den Konsequenzen gehabt habe. Das sei feige gewesen, meinte die Sängerin. "Fakt ist: Ich habe einen großen Fehler gemacht."

Deutsche AIDS-Hilfe bedauert Urteil

Die Deutsche AIDS-Hilfe e.V. (DAH) betont hingegen, dass durch dieses Urteil falsche Botschaften ausgesendet würden, die der HIV-Prävention und der Emanzipation von chronisch Kranken in Deutschland Schaden zufügen würden. "Ich halte dieses Urteil für falsch", erklärte Carsten Schatz, Mitglied im Bundesvorstand der DAH. "Wir sehen die Politik nun in der Pflicht, das Strafrecht der Lebensrealität anzupassen."

Diese Sichtweise bestätigt auch Silke Klumb, Bundesgeschäftsführerin der DAH: "Wir alle tragen Verantwortung dafür, wie mit dem Thema HIV und Aids umgegangen wird: Daher muss jeder Einzelne dazu beitragen, dass alle Menschen über HIV sprechen und Safer Sex praktizieren können. Nur dann kann HIV-Prävention wirklich gelingen."

Ergänzend fügt Marianne Rademacher, Frauenreferentin der DAH, hinzu: "Wenn die Verhütung vor allem Frauen und HIV-Positiven einseitig zugeschrieben wird, setzen wir die gemeinsame Verantwortung zweier Menschen außer Kraft." (red/APA)