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Wer hätte das gedacht: Die Zauberflöte kommt nicht nur bei Menschen gut an.

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Anton Stucki (li.) bei der Arbeit in einer Anlage in Brandenburg.

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Mozart soll auch die Mikroben in der Kläranlage in Treuenbrietzen auf Trab bringen.

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derStandard.at: Lieber Herr Stucki, laut Ihrem Unternehmen macht Mozart müde Mikroben munter. Sie haben das in Österreich schon bei einer Kläranlage ausprobiert. Wo denn?

Anton Stucki: Das war in Niederösterreich. Wir können die Adresse aber nicht bekannt geben, weil die Anlage recht schlecht gearbeitet hat, bevor wir dort waren.

derStandard.at: Und jetzt läuft sie wieder?

Stucki: Das hat auch für uns überraschend gut funktioniert. Die Anlage war nämlich in so einem schlechten Zustand, dass sie geschlossen werden sollte.

derStandard.at: Wie sind Sie überhaupt darauf gekommen, dass Mozart hilft?

Stucki: Wir setzen Naturschallwandler schon seit einigen Jahren auch für die Gehörregeneration beim Menschen ein und konnten dadurch Verbesserungen beim menschlichen Gehör erzielen. Durch natürliche Beschallung bekommt das Gehirn wieder eine korrekte Raumzuordnung.

derStandard.at: Das ist wichtig für das Hören?

Stucki: Wenn wir die Augen schließen, ist es für uns immer wichtig, zu wissen, woher kommt der Klang. Wenn wir mit jemandem im Gespräch sind und ihn sehen, ist es für uns einfach, ihn zu verstehen. Wenn wir aber kurz die Augen schließen, ist das gleich viel schwieriger. Ich habe viele Leute erlebt, die zu uns mit dem Hörgerät im Ohr gekommen sind und uns mit dem Hörgerät in der Hand wieder verlassen haben.

derStandard.at: Die Sache bei Kleinstlebewesen zu versuchen, ist nicht unbedingt naheliegend, oder?

Stucki: Die Idee, das auch bei den Mikroben zu versuchen, ist bei einem Gespräch mit einem Kläranlagenwärter entstanden. Der stand einem Versuch offen gegenüber, weil er sich nicht mehr so richtig zu helfen wusste. Das war also auch ein bisschen Zufall. Dann hat man gesagt, das probieren wir einfach aus. Weil was den Menschen guttut, das kann ja auch den Mikroben gut tun.

derStandard.at: Wie kann das mit dem Hören bei den Mikroben funktionieren? Die haben doch keine Ohren.

Stucki: Wie die Mikroben das wahrnehmen, wissen wir nicht. Aber alle Lebewesen, jede einzelne Zelle bis hin zum einzelnen Molekül, reagieren auf Schwingungen. Und Musik ist ja nichts anderes als Schwingung. Was wir auf jeden Fall wissen: Wenn wir ein Mikrobenmilieu beschallen, wird das ausgewogener - wie ein Orchester. Und wenn die Mikroben in so einem Klärwerk gut arbeiten, haben wir gutes gereinigtes Wasser.

derStandard.at: Wieso nicht Brahms oder Vivaldi, sondern genau Mozart?

Stucki: Wir wussten, was den Menschen guttut, und haben gesagt, wir testen das jetzt einmal in der Kläranlage. Wir haben natürlich im Laufe der Arbeit weiter geforscht und es hat sich einfach gezeigt, dass Mozart in einer ganz besonderen Weise wirksam wird. Wir sind mit Mozart gestartet und haben gesehen, dass das sehr gut funktioniert. Als wir etwas anderes probiert haben, haben wir gleich gemerkt, die Werte werden wieder schlechter. Wir haben also nicht richtig experimentiert, weil die Anlage sehr langsam reagiert. Während das beim Menschen vielleicht eine Stunde dauern kann, braucht die Kläranlage mindestens zwei, drei Wochen. Wir wollten da einfach ein positives Ergebnis haben.

derStandard.at: Was macht die kleinen Tierchen besonders fröhlich?

Stucki: Die kleine Nachtmusik und die Zauberflöte haben gut funktioniert.

derStandard.at: Wie darf man sich das in der Praxis vorstellen? Bauen Sie CD-Player in die Kläranlage ein?

Stucki: Man kann sich das wie einen Radiosender vorstellen. Sind Sie in der Kläranlage, hören Sie sehr leise Musik. Das Besondere ist, dass natürlich abgestrahlte Schallwellen sehr tief in die Materie - in diesem Fall also in das Klärbecken - eindringen können. Das ist bei einem Direktschallsystem nicht der Fall. Der CD-Player ist also nur das Wiedergabegerät. Die Wiedergabe selbst ist der Naturschallwandler...

derStandard.at: ...den Sie erfunden haben?

Stucki: Nein, der hat eine lange Tradition. Das geht zurück bis in die 30-er Jahre. Telefunken hat damit begonnen und das System wurde vielfach weiterentwickelt.

derStandard.at: Welche Wirkung hat denn am Ende die Sache ökonomisch?

Stucki: Es soll helfen, Kläranlagen zu verbessern. Das bedeutet bessere Umwelt und bessere Ökonomie. Und die Abwasserreinigungskosten nehmen ab. In Niederösterreich war die Verbesserung enorm. In einer guten Kläranlage kann man wahrscheinlich die Reinigungskosten um zehn Prozent senken.

derStandard.at: Müssen Sie sich öfter den Vorwurf gefallen lassen, ein bisschen esoterisch veranlagt zu sein?

Stucki: Also das Projekt in Niederösterreich wäre nicht zustande gekommen, wenn da nicht quasi das Wasser bis zum Hals gestanden wäre. (Regina Bruckner, derStandard.at)