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Die Masterminds der Enterprise

Foto: Archiv

Als ob der "Replikator" vom Raumschiff Enterprise auf der Erde landet: Neil Gershenfeld, Professor am Massachusetts Institute of Technology (MIT) will mit seinen weltweiten "Fab Labs" Innovationen mit "Bottom-Up-Ansatz" ermöglichen - und per 3D-Printer auch gleich ausdrucken. "Wir haben Hochschulen und Industrie so aufgebaut, dass sie zwischen Konstruktion und Realität eine Firewall aufgezogen haben", kritisierte Gershenfeld Donnerstagnachmittag bei den Alpbacher Technologiegesprächen ein seiner Ansicht nach verkehrtes Denkmuster. Eine Revolution mit dezentraler Produktion von Ideen und Gütern ist das Ziel.

Grenzen

"Die Natur kennt diese Grenzen nicht", sagt der Direktor des Center for Bits and Atoms am MIT, der die künstlichen Barrieren zwischen Software und Hardware, Computer- und Naturwissenschaften, Bits und Atomen wieder aufbrechen will und dies mit visionären Projekten vom molekularen Quantencomputer bis zu virtuosen musikalischen Instrumenten versucht.

"Schuld" an den Grenzen in der Informationstechnologie habe unter anderem der Computerpionier Alan Turing, der die Information von der Verarbeitung getrennt habe. Dieses Konzept aus den 1930er und 1940er-Jahren blockiere das Entstehen von Innovationen im Prinzip noch heute. Hinter den Fab Labs steckt dagegen der Gedanke, dass Menschen die Dinge, die sie brauchen, selbst entwerfen und auch gleich selbst per 3D-Drucker ("Rapid Prototyping") herstellen können.

Das Konzept ist als Gegenentwurf zur zentralisierten Unternehmensforschung gedacht und soll auf der ganzen Welt für eine Revolution in der Produktion und im Herangehen an Innovation sorgen. Fab Labs haben sich von Boston aus mittlerweile nach Afghanistan, wo ein Projekt zur drahtlosen Kommunikation realisiert wurde, über das ländliche Indien und Südafrika bis ins nördliche Norwegen ausgebreitet. "Die Anzahl der Labs verdoppelt sich jedes Jahr", sagt der Querdenker, der 2004 vom "Scientific American" unter die 50 führenden Köpfe in Wissenschaft und Technologie gewählt wurde.

"2008 haben wir im Zuge des Neubaus des Museums selber ein Fab Lab aufgebaut"

Auch in Österreich gibt es im Linzer Ars Electronica Center (AEC) einen Ableger dieser Idee: "2008 haben wir im Zuge des Neubaus des Museums selber ein Fab Lab aufgebaut", erklärte der wissenschaftliche Leiter des AEC, Christopher Lindinger, auf Anfrage der APA. "Die Idee dahinter ist, eine neue Kulturrevolution auszulösen. In Zukunft bestellt man dann nicht den iPod bei Amazon, sondern lädt sich den Bauplan herunter und druckt das Gerät dann aus." Geht es nach Gershenfeld, könnte herkömmlichen Industriebetrieben irgendwann nur mehr eine marginale Rolle als Fabrikanten kleiner, relativ unwichtiger Teile zukommen.

Gershenfeld geht es auch in der Informationstechnologie um ein radikales Umdenken, wobei die Materialien selbst zum Computer werden. So haben die MIT-Tüftler einen flüssigen Computer entwickelt, der aus winzigen Chemikalienbläschen besteht. Dabei werden aus Mikrobläschen Schaltkreise aufgebaut, die genau so funktionieren wie ihre elektronischen Gegenstücke. Daraus könnten wiederum direkt Artefakte hergestellt werden: "Die Bits bewegen das Material, das also selbst ein Computer ist. Wir verwandeln den Code in ein Ding. Anstatt einer Maschine zu sagen, einen Bauplan herzustellen, gießen wir ihn in eine proteinartige Kette, die dann in ein Ding umgewandelt wird."

Im Center for Bits and Atoms entstehen in einer besonders kreativ-liberalen Atmosphäre Designs und Projekte, die teilweise "zum Schreien" sind. So wurde beispielsweise ein "Scream Bag" entwickelt, ein tragbarer, rucksackähnlicher Beutel zum Hineinbrüllen, wann immer einem danach ist. Technologien aus dem Labor wurden bereits in den verschiedensten Umgebungen gezeigt oder eingesetzt, vom New Yorker Museum der Modernen Künste über das Weiße Haus oder Shows in Las Vegas bis hin zu Auto-Sicherheitssystemen. (APA)

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