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"Das ist doch alles Larifari. Der Vergleich zwischen Klubs und Team hinkt immer."
Standard: Fallen Ihnen Gründe ein, warum sich Österreich für
die EM-Endrunde 2012 qualifiziert?
Constantini: Das kann man jede Nation fragen. So etwas muss man
abwarten. Schauen wir einmal, wie wir starten.
Standard:
Joachim Löw wüsste aber schon Antworten.
Constantini: Der deutsche Bundestrainer würde sagen, wir haben
uns immer qualifiziert. So wird es wieder sein. Der hat es einfach. Der
Türke Hiddink sagt, wir haben eine Supermannschaft zusammengebaut, wir
werden Zweiter oder Erster. Ich sage, wir müssen Leistungen bringen,
punkten.
Standard: Inwieweit kann Rapid ein Vorbild fürs
Team sein? Bezogen auf das 3:2 gegen Aston Villa, nicht auf das 0:1 beim
LASK?
Constantini: In Holland war einmal die Situation, dass Ajax und
Feyenoord alles gewonnen haben und das Nationalteam nix. Dann war es
umgekehrt. Aber Rapid hat so gespielt, wie man spielen muss, wenn man
gewinnen will. Um jeden Meter fighten, Mut zeigen, kritische Phasen
durchtauchen.
Standard: Es ist nur ein Rapidler, Veli
Kavlak, im Teamkader.
Constantini: Das hat nix zu sagen. Vor vier Wochen war gar keiner
dabei, das ist doch alles Larifari. Der Vergleich zwischen Klubs und
Team hinkt immer.
Standard: Eine Bestandsaufnahme kurz vor
Beginn der Qualifikation. Es steht der Vorwurf im Raum, dass Sie noch
keine Mannschaft, kein System, keine Taktik und keine Hierarchie
gefunden haben.
Constantini: Die Medien sollen sich denken, was sie wollen. Jene,
bei denen Alzheimer noch stärker ausgeprägt ist als bei mir, sollen
sich besser zurückerinnern. Da hat es in 27 Spielen fünf Siege gegeben.
Die Mannschaft war zerstritten, es herrschte Chaos, die Fans haben
gemault. Heuer haben wir gegen Kroatien und gegen die Schweiz 0:1
verloren. Na und? Hauen wir gegen die Schweiz den Elfer rein, gewinnen
wir vielleicht. Und dann heißt es, alles ist in Ordnung.
Standard:
Schmerzt die Kritik?
Constantini: Nein, sie ist lähmend.
Standard: Sind
Sie in den eineinhalb Jahren dünnhäutiger oder dickhäutiger geworden?
Constantini: Dickhäutiger. Es sind immer die Spieler gut, die
nicht dabei sind. Da heißt es, wie kann der den Maierhofer nur holen?
Tage später schießt er zwei Tore. Und keiner regt sich mehr auf.
Standard:
Trotzdem. Müsste die Mannschaft nicht ein bisserl weiter und
gefestigter sein?
Constantini: Entschuldigung. Gegen wen haben wir früher gewonnen?
2:1 gegen Liechtenstein.
Standard: 3:1 gegen Frankreich.
Constantini: Okay.
Standard: Überkommt Sie manchmal
das Gefühl der Machtlosigkeit?
Constantini: Nein. Lasst uns einmal gegen Kasachstan spielen. Ich
warne: Die können kicken. Wir sind typisch österreichisch, alles ist
nur negativ. Das Schlechte ist in diesem Land gut.
Standard:
In Gruppe A tummeln sich prominente Teamchefs. Löw, Hiddink, Vogts
trainiert Aserbaidschan.
Constantini: Das passt schon. Bei uns ist der Happel mit mir auf
der Bank gesessen. Der hat mehr gewonnen als die alle zusammen.
Standard:
Kann ein Teamchef eine Qualifikation entscheiden?
Constantini: Nein. Es sei denn, er ist ein Topspieler und stellt
sich selber auf.
Standard: Müssen Sie ständig
improvisieren?
Constantini: Ja. Was soll ich machen, wenn Hoffer nach Italien
geht und nicht spielt? Vielleicht wird es besser. Viele kommen jetzt in
Deutschland zum Einsatz.
Standard: Was erwarten Sie von der
Vorbereitung in Flachau?
Constantini: Totalen Einsatz. Wir können im taktischen Bereich
arbeiten. Nach längeren Vorbereitungen ist es meist gutgegangen.
Standard:
Gehen wir unösterreichisch vor und vom Idealfall aus. Sechs Punkte in
den Heimspielen gegen Kasachstan und Aserbaidschan, was dann?
Constantini: Da mache ich nicht mit. Der schlechte Fall
interessiert mich auch nicht. Aber wir wissen, dass die Kaliber erst
warten.
Standard: Sie wollen zwischen 13. und 18. Dezember
ein Trainingslager mit zwei Spielen abhalten. Salzburg und Rapid sind
allerdings in der Europa League engagiert, auf Legionäre müssen sie auch
verzichten. Macht das überhaupt Sinn?
Constantini: Die Konzentration gilt Kasachstan, dann schauen wir
weiter. Aber es ist ein Grenzfall.
Standard: Macht Ihnen
der Job noch Spaß?
Constantini: Logisch, ein extrem geiles Geschäft. Aber ich täte
lieber mehr gewinnen. Verliert die Mannschaft zu oft, muss der Trainer
gehen, das ist auf der ganzen Welt so. (Christian Hackl, DER STANDARD,
Printausgabe, 31. August 2010)