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"Kosovo ist das Herz Serbiens", heißt es auf diesem Graffito in der serbischen Hauptstadt Belgrad. Die Unabhängigkeit des Kosovo empfinden viele Serben als Enteignung.

Foto: AP/Drobnjakovic

Der Westen verlangt von Belgrad, sich mit der Unabhängigkeit des Kosovo abzufinden.

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Weder die EU noch die USA verlangen offiziell von Serbien, die Unabhängigkeit des Kosovo anzuerkennen. Dennoch, bei seinem Besuch in Belgrad am Wochenende teilte der deutsche Außenminister Guido Westerwelle der Regierung in Belgrad unmissverständlich mit, ihren Kosovo-Kreuzzug einzustellen und "sich mit der Realität abzufinden" . Ähnliches wird auch sein britischer Kollege William Hague am heute, Dienstag, den serbischen Behörden ausrichten.

Die "westlichen Partner" haben offensichtlich die Geduld mit der aggressiven Kosovo-Politik der "proeuropäischen" Regierung von Präsident Boris Tadić verloren. Diese entschied sich unlängst, der Uno-Vollversammlung eine Kosovo-Resolution zu überreichen, über die am 9. September diskutiert werden soll. Die Resolution bestreitet die Unabhängigkeit des Kosovo und fordert neuerliche Statusverhandlungen zwischen Belgrad und Prishtina.

Serbien erhofft sich eine Mehrheit in dem höchsten UN-Gremium. Von 192 Uno-Staaten haben bisher nur 69 den Kosovo anerkannt. Trotz ernsthafter Mahnungen der USA und der meisten EU-Staaten, die Resolution umzuschreiben oder sie ganz zurückzuziehen, schickte Außenministerium Vuk Jeremić dutzende Gesandte aus, um in aller Herren Länder für die "serbische Sache" zu lobbyieren.

Die serbische Kosovo-Resolution war eine überhastete Reaktion Belgrads auf das Ende Juli veröffentlichte Gutachten des Internationalen Gerichtshofs (IGH), das befand, dass die Unabhängigkeitserklärung des Kosovo "nicht im Gegensatz zum Völkerrecht" stehe. Darauf versuchte es Serbien mit einer neuen diplomatischen Offensive im Rahmen der Uno, wo Russland mit seinem Veto im Sicherheitsrat die Aufnahme des Kosovo bisher verhinderte.

Das politische Forum für die Kosovo-Diskussion solle in Zukunft nicht New York, sondern Brüssel sein, urgierte darum Außenminister Westerwelle, da beide Staaten eine Mitgliedschaft in der EU anstreben würden. Er unterstrich, dass spätestens nach dem IGH-Entscheid die Landkarte Europas endgültig gezeichnet sei. So sehr diese Feststellung auch von serbischen Politikern bestritten wird: Sollte sich Belgrad in der Kosovo-Frage weiter gegen den Willen der meisten EU-Staaten stellen, könnte das die schon bisher schleppenden EU-Integration völlig lahmlegen.

Zwar möchte die Regierung in Belgrad einen Konflikt mit der EU gerne verhindern. Innenpolitisch sind ihr jedoch die Hände gebunden, hat sie doch sowohl die "Rückgewinnung" des Kosovo als auch die EU-Annäherung versprochen. Sollte die Regierung bei einer der beiden Anliegen nachlassen, wird sie das politisch nur schwer überleben. (Andrej Ivanji aus Belgrad/DER STANDARD, Printausgabe, 31.8.2010)