Wilhelm Zwirner

Foto: Attac

Das Bewusstsein für wirtschaftspolitische Zusammenhänge kam Wilhelm Zwirner, ab September Geschäftsführer des globalisierungskritischen Netzwerkes Attac Österreich, erst im Laufe der Zeit. Zuerst verlief alles nach Schema F: Studium der Betriebswirtschaft an der WU Wien mit Schwerpunkt Bankbetriebslehre, Arbeit als Finanzberater für das gehobene Kundensegment bei einem Dienstleistungsunternehmen, dann Unternehmensberater bei Accenture.

Im Laufe der Zeit überkam den heute 32-Jährigen ein immer stärkeres Unbehagen an seiner Berufskultur. "Ich konnte in meiner rein auf Profit, Wachstum und Konkurrenz ausgerichteten Tätigkeit immer weniger Sinn erkennen", erzählt er. "Mein persönlicher Werdegang schien symptomatisch für die tiefe soziale, ökologische und demokratische Krise unseres Wirtschaftssystems."

Also engagierte er sich bei Attac, koordinierte Attac-Projekte wie die regelmäßig stattfindende Sommerakademie und kam auch in den Vorstand. Dann brach die Finanzkrise mit voller Wucht über die Welt herein. Die Organisation, die vor der Krise zwar viel Renommee, aber wenig Mitglieder-Zulauf hatte, musste sich neu aufstellen und schrieb erstmals die Position eines Geschäftsführers aus. Zwirner bekam den Job und will künftig "den Weg aus der Ohnmacht zeigen".

Die Menschen suchen nach Lösungen, meint er. Sie spüren, dass vieles falsch läuft im Turbokapitalismus mit seiner Negierung von Gemeinwohl und Umwelt. Ein gesellschaftlicher Wandel wird gefordert, ist der neue Attac-Geschäftsführer überzeugt.

Der Herzogenburger wird den Job 30 Wochenstunden machen. Da sich Attac für die Offenlegungen von Managergehältern ausspricht, sagt er auch, wie viel er dafür bekommt: 2400 Euro brutto. "Wäre ich Berater geblieben, würde ich ein Vielfaches verdienen."

Zwirner geht es um das Ganze, und das soll möglichst rund sein: Ein sinngebender Job mit großem Gestaltungsspielraum, genug Geld für ein ordentliches Leben und auch genügend Zeit für private Interessen und Freunde.

Er lebt zusammen mit einer Portugiesin, die an der Universität für Bodenkultur arbeitet. Er ist bekennender Facebooker (rund 300 Freunde) und empfindet Yoga als den idealen Ausgleichssport, neben Ballspielen. Zwirner hat in Musik maturiert und spielt mit Freude und ziemlich gut Trompete - von der klassischen Blasmusik bis hin zu Jazz. (Johanna Ruzicka, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 31.8.2010)