"Ja, in Wien herrscht eine Arroganz und eine Präpotenz der SPÖ. Das sind die roten Nazis",  so Strache.

Foto: STANDARD/Corn

"Stört es Sie nicht, dass Küssel immer wie ein Bumerang in Ihr Leben zurückkehrt?", fragt Schalko.

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STANDARD: Herr Schalko, wofür steht für Sie die FPÖ?

Schalko: Sie definiert sich ausschließlich über ihre Antiausländerhaltung. Strache kämpft dagegen an, die kleinere Ausgabe von Jörg Haider zu sein. Die meisten Wähler trauen den Freiheitlichen nicht zu, ein hohes Amt zu bekleiden. Im Augenblick versucht man in Wien mit krausen Kulturkreistheorien rund um die ehemaligen Kronländer an die Stimmen von Immigranten zu gelangen. Dazu kommen Korruptionsvorwürfe.

Strache: Das war aber eine Menge. Auch Ihren letzten Punkt kann ich zurückweisen: Ich habe seit 2000 an der Haider-FPÖ Kritik geübt, weil ich mit dem damaligen Kurs dieser Regierungsbeteiligung nicht einverstanden war.

STANDARD: Gegen Uwe Scheuch wird wegen Korruption ermittelt. Ein Ausschlussgrund?

Strache: Ein Verfahren anhängig zu haben, das kann schnell passieren. Scheuch ist ein unbescholtener Bürger.

Schalko: Es gibt eine Tonbandaufnahme ...

Strache: Das ist doch absurd. Aber es ist natürlich zu fördern, dass gut ausgebildete Arbeitskräfte nach Österreich kommen, im Gegensatz zu jenen, die dem Sozialstaat auf der Tasche liegen.

Schalko: Ist Ihnen ein schlecht ausgebildeter Serbe lieber als ein gut ausgebildeter Nigerianer?

Strache: Das ist nicht die Frage. Sondern: Welchen Nutzen hat der Staat. Es geht um eine Verantwortung des Staates für den Arbeitnehmer, sodass kein Lohndumping stattfinden kann. Und eine Verantwortung gegenüber den bereits integrierten Zuwandern. In den Nachbarländern sind eine Million Menschen arbeitslos und warten darauf, nach Ablauf der Übergangsfristen zu Niedrigstlöhnen und Lohndumping hier zu arbeiten.

Schalko: Ist ein Einwanderungsstop nicht unverantwortlicher, wenn es Bedarf nach Arbeitskräften gibt?

Strache: Das Problem sind die fehlenden Lehrplätze. Viele, die zum Beispiel in den Pflegeberuf wollen, kriegen keinen Platz. Da bewerben sich 700 Wiener um eine Ausbildung, und es gibt nur 250 Plätze. Hier versagt die Politik.

STANDARD: Sie haben sich vor einem Jahr firmen lassen, hat sich Ihre Politik dadurch verändert?

Strache: Nein, sie hat mich in meiner Einstellung nicht verändert, sie hat mich nur bestärkt.

Schalko: Was sind christliche Werte im Gegensatz zu islamischen? Beide haben die gleichen Gebote.

Strache: Wir haben Irrwege des Christentums erlebt, wie die Kreuzzüge und eine gewaltvolle Christianisierung. Dem Islam fehlt vielleicht das, was das Christentum erlebt hat, die Aufklärung. Wir wollen weder eine Islamisierung Europas noch eine Christianisierung des Morgenlandes. Ich will gegenseitigen Respekt und eine Freiheit, auch für diejenigen, die nicht glauben. Wer aus dem Islam austritt, wird man in manchen Ländern mit dem Tod bedroht.

Schalko: Zeigt etwa "Daham statt Islam" den Respekt vor anderen Religionen?

Strache: Der Islam ist nicht bei uns beheimatet. Wie das Christentum in Saudi-Arabien, da muss man das Kreuz am Flughafen abgeben.

Schalko: Ein bissl paranoid sind Sie schon, Herr Strache.

Strache: Sie können gern versuchen, das ins Lächerliche zu ziehen. Jeder Mensch, der Lebenserfahrung gesammelt hat, weiß es besser. Und man muss unterscheiden: Menschen, die aus dem Iran zuwandern, haben kaum Integrationsprobleme. Im Gegensatz zu Menschen aus der Türkei.

Schalko: Die machen mit fünf Prozent nur einen kleinen Teil unter den Zuwanderern aus.

Strache: Laut Bericht der damaligen Innenministerin Liese Prokop sind sie zu einem Großteil nicht integrationswillig.

Standard: Das heißt was?

Strache: Dass sie unsere Sitten und Gebräuche ablehnen. Wenn ich mit meiner Frau nach Ankara fahren würde, würde ich ihr sagen: Im Minirock herumzulaufen ist nicht erwünscht. Umgekehrt erwarte ich das Gleiche, also etwa, sich in Europa nicht zu vermummen. Ich möchte nicht, dass Frauen in unserer Gesellschaft unterdrückt werden.

Schalko: Na, wer nicht. Sie aber wollen Frauen die Freiheit nehmen, ein Kopftuch zu tragen.

Strache: Ich will ihnen die Freiheit geben, dass sie es nicht müssen.

Standard: Stellen wir uns vor, Herr Strache, Sie sind tatsächlich Wiener Bürgermeister. Folgendes Szenario: Die Moschee in Floridsdorf brennt, weil Minarettgegner sie angezündet haben. Ihre Reaktion?

Strache: Solche Absurditäten kommentiere ich nicht. Das wird nie vorkommen, weil so etwas präventiv verhindert werden muss. Wäre ich Bürgermeister, gäbe es keine solchen Bauten mehr ohne Miteinbeziehung der Bürger.

Schalko: Sie finden es gut, wenn die Mehrheit über die Rechte einer Minderheit abstimmt?

Strache: Selbstverständlich, bei Bauprojekten.

Schalko: Anderes Beispiel: In Wien wird eine Gedenkveranstaltung für ehemalige RAF-Mitglieder angemeldet. Genehmigen Sie die?

Strache: Auf dem Heldenplatz werden Demonstrationen eher nicht genehmigt. Aber das Recht darauf ist uns heilig. Auch wenn ich nicht verstehen kann, wieso jemand Mörder verehren will.

Schalko: Sie können aber nachvollziehen, wieso jemand SS-Veteranen verehrt.

Strache: Wenn jemand Verbrechen begangen hat, ist er verurteilt, und das ist gut so. Nicht jeder Soldat, der bei der SS war, hat Verbrechen begangen. Soldaten verdienen unser Gedenken.

Schalko: Die SS ist aber schon etwas anderes als die Wehrmacht.

STANDARD: Herr Strache, wie sehen Sie die Arbeit von Herrn Schalko?

Strache: Ich hab sein letztes Buch nicht gelesen, aber davon gehört. Auch von dem Verhalten eines Politikers, der sich angesprochen gefühlt hat. Aber Respekt vor seinen Sendungen, auch wenn wir unterschiedliche Ansichten haben.

Schalko: Ich habe eine Idee für ein neues Sendungsformat: eine Integrationsshow. Schwierige Asylwerber stellen sich im Rahmen einer Sendung den Österreichern vor und ihre Integrationswilligkeit unter Beweis. Wer nicht hinausgevotet wird, kriegt die Staatsbürgerschaft. Das wäre doch direkte Demokratie, oder?

Strache: Absoluter Blödsinn und Zynismus. Niedrigstes Niveau.

Schalko: Wieso?

Strache: Weil es klare rechtliche Grundlagen gibt, unter welchen Kriterien man eine Staatsbürgerschaft erhalten kann.

Standard: Sie haben eine Waffe, wie oft üben Sie schießen?

Strache: Ich übe nicht, ich gehe einmal im Jahr zum Schießstand.

Schalko: Sollte es einen Unterschied geben zwischen In- und Ausländern in der Vergabe von Waffenscheinen?

Strache: Jeder unbescholtene Bürger sollte eine Waffe erwerben dürfen.

Schalko: Auch Muslime?

Strache: Insgesamt gibt es natürlich Unterschiede. Ein Staatsbürger sollte andere Rechte haben als ein Nichtstaatsbürger. In Österreich sollte die Vergabe von sozialen Wohnungen oder einem Waffenpass daran gebunden sein.

Schalko: Wer steht Ihnen politisch näher, Bush oder Berlusconi?

Strache: Mit Bush hab ich nichts am Hut. Berlusconi hat in Italien aufgezeigt, dass man gegen eine gehässige und ketzerische Opposition von linker Seite erfolgreiche Politik machen kann.

Schalko: Teilen Sie die Ansichten von Barbara Rosenkranz?

Strache: Wir sind unterschiedliche Personen, mit unterschiedlichen Formulierungen.

Schalko: Sie meinen das rechtsextreme Weltbild der Rosenkranz.

Strache: Das weise ich zurück. Das ist genau die Taktik, die wir bisher schon erleben mussten: dass Bilder gebaut werden, die nicht der Realität entsprechen.

Schalko: Und Sie haben nicht das Gefühl, dass um Sie überproportional Menschen vertreten sind, die ein solches Weltbild haben?

Strache: Nein, ich habe keine Extremisten bei mir, sondern Persönlichkeiten, die für eine freiheitliche Politik stehen.

Schalko: Ist Elisabeth Keyl noch für Sie tätig? Die eines Nachts mit einer Waffe und Gottfried Küssel in einem Puff am Gürtel aufgetaucht ist und Menschen bedroht hat?

Strache: Sie hatte keine Schusswaffe. Wir haben über eine Suspendierung geredet, aber sie ist eine Mutter von vier Kindern, und ich bin gegen eine Vorverurteilung.

Schalko: Stört es Sie nicht, dass Küssel immer wie ein Bumerang in Ihr Leben zurückkehrt?

Strache: Ich habe nichts mit ihm zu tun, Sie werden keinen Zusammenhang schaffen. Er ist auch bei der Jungen ÖVP aufgetaucht. Man kann immer wo was andichten.

Schalko: Sind die Rechtsextremen, die da immer auftauchen, nicht hinderlich, die Masse der bürgerlichen Wähler zu gewinnen?

Strache: Die Bürger durchschauen, dass man als Rechtsextremist diffamiert wird, nur weil man eine schärfere Asylpolitik einfordert.

Schalko: Manchmal macht der Ton die Musik.

Strache: Das stimmt. Aber der Ton wird von der Linken ...

Schalko: Der Linken!

Strache: Das stimmt doch: Die linke Jagdgesellschaft ...

Schalko: Bitte, die Jagdgesellschaft ...

STANDARD: Sehen Sie Herrn Schalko als eine Speerspitze dieser "linken Jagdgesellschaft"?

Strache: Er ist jemand, der mit seinen Vorurteilen hierherkommt.

Schalko: Sie haben keine?

Strache: Sicher. Aber ich habe die Kraft zu differenzieren. Manche politische Mitbewerber theatern sich in ein künstliches Bild von sich hinein und glauben wirklich alles, was sie von sich geben.

Schalko: Herr Strache, was wäre eine glückliche Gesellschaft?

Strache: Wenn über Familien kein Sozialismus gestülpt wird, der einen von der Wiege bis zur Bahre indoktriniert.

Schalko: Wir sind also Korea.

Strache: Ja, in Wien herrscht eine Arroganz und eine Präpotenz der SPÖ. Das sind die roten Nazis: Man versucht Andersdenkenden mit gewalttätigen Steinewerfern seinen Stempel aufzudrücken. Das war in der grauslichsten Zeit auch so.

Schalko: Haben Sie wirklich das Gefühl, dass Sie an einer glücklicheren Gesellschaft basteln?

Strache: Ja. An einer sozial gerechteren, sichereren und besseren.


(Saskia Jungnikl, DER STANDARD, Printausgabe, 1.9.2010)