Zufälle gibt es. Über Jahre hinweg hatte es kein Pariser Verleger gewagt, die Biografie einer der schillerndsten Figuren des öffentlichen französischen Lebens zu veröffentlichen. Jetzt erscheinen gleich zwei Lebensgeschichten von Carla Bruni-Sarkozy, Tochter der illustren italienischen Familie Tedeschi, Ex-Topmodel, Chansonsängerin und notabene Gattin des Staatspräsidenten.

Der Großverlag Flammarion bringt Mitte September eine "unautorisierte" Biografie heraus. Der Titel ist geheim, vom Inhalt ist nur bekannt, dass er das ganze Leben der 42-jährigen Präsidentengattin abdeckt, also auch das "Vorleben", als das Topmodel noch nichts verbergen mochte. Aktfotos, People-Schlagzeilen und Brunis Chansons zu den legendären "dreißig Liebhabern" dokumentieren die Lebensphase vor Sarkozy.

Die Flammarion-Autorin Besma Lahouri recherchierte anderthalb Jahre "ohne Gefälligkeit und ohne Parteinahme", wie sich der Verlag ausdrückt. 2008 hatte die Journalistin in einem Buch am Heldenbild des ehemaligen Fußballstars Zinédine Zidane gekratzt; dabei ließ sie sich auch durch zwei Einbrüche in ihr Büro nicht von ihrem Ziel abbringen.

Image-Kontrolle

Vielleicht beantwortete das Élysée Lahouris wiederholte Anfragen um einen Gesprächstermin bei Bruni deshalb abschlägig. Mehrere Präsidentenberater kontrollieren das Image der First Lady, die im Kommunikationsschema Nicolas Sarkozys eine wichtige Rolle spielt und sich immer wieder zu innen- und außenpolitischen Themen äußert - zuletzt zur geplanten Steinigung einer Iranerin.

Tugendhafte Élysée-Zeit des Ex-Models

In den nächsten Tagen erscheint in Paris nun eine weitere Bruni-Biografie, die "offizielle" Standpunkte wiedergibt: Die Autoren Yves Derai und Michaël Darmon trafen Bruni wiederholt und konzentrieren sich auf die tugendhafte Élysée-Zeit des Ex-Models.

"Schick" gegen "Schock"

Kenner des Pariser Buchmarktes gehen davon aus, dass das Elysée Lahouris unabhängigen Recherchen mit einer "Hausbiografie" den Wind aus den Segeln nehmen will, wie schon 2008 bei Sarkozy praktiziert. Die Version "Schick" solle die Version "Schock" neutralisieren, beschreibt das Magazin Marianne die Kommunikationsstrategie.(Stefan Brändle aus Paris, DER STANDARD Printausgabe 2.9.2010)