Die wichtigste Vereinbarung, die jemals zwischen Arabern und Israelis getroffen wurde, war der von US-Präsident Carter ausgehandelte Camp-David-Vertrag. Diese Abmachungen gründeten in den Erfahrungen des Krieges von 1973, in dem die Israelis die Fehlleistungen der eigenen Geheimdienste ebenso frappierte wie die Kampfkraft der ägyptischen Armee so wenige Jahre nach der vernichtenden Niederlage im Sechs-Tage-Krieg. Sämtliche vermeintliche Gewissheiten Israels gingen den Bach runter. Gleichzeitig wurde Ägypten endgültig besiegt und israelische Truppen standen an der Ostküste des Suez-Kanals.

Die Israelis hatten als Konsequenz dieser Erfahrung mehr Respekt vor der Schlagkraft der ägyptischen Armee und weniger Vertrauen in die eigene. Die Ägypter wiederum mussten erkennen, dass sie trotz all ihrer militärischen Fortschritte schlussendlich doch besiegt wurden. Die Israelis waren nicht sicher, ob ihnen das noch ein weiteres Mal gelingen würde, und die Ägypter zweifelten daran, dass ihnen das jemals gelingen könnte. Für beide machte daher eine Verhandlungslösung Sinn: Der Mix aus erschüttertem Vertrauen und traurigem Eingeständnis der Realität erlaubte es Carter, eine Einigung zu erzielen, die beide Seiten wollten und die sie auch der Öffentlichkeit daheim verkaufen konnten.

Es hat noch nie einen vergleichbaren Moment in den israelischen-palästinensischen Beziehungen gegeben: Auf keiner Seite gibt es Konsens, auf beiden Seiten sitzen Blockierer in der Regierung, die Palästinenser sind ideologisch und geografisch gespalten, die Israelis "nur" ideologisch und durch ein sich selbst paralysierendes Polit-System.

Aber die Amerikaner wollen einen Friedensprozess - vorzugsweise einen möglichst lang dauernden, um den Tag seines Scheiterns hinauszuzögern. Das ermöglicht ihnen, sich als Friedensapostel zu präsentieren, der öffentlich Druck auf die Israelis macht - was ihren Bemühungen um Einflussnahme in der übrigen Region nützt. Lösen wird man damit aber gar nichts - ist auch nicht beabsichtigt. Das Problem ist, dass weder die Israelis noch die Palästinenser ausreichend verunsichert sind, um Frieden zu schließen. Wechselseitige Furcht - siehe 1973 - ist die Basis für Frieden zwischen Feinden. Eine ungewisse Zukunft ernüchtert beide Seiten. Derzeit aber ziehen alle Player in diesem Konflikt die Beibehaltung des Status quo möglichen Risiken vor. Die Hamas will nicht Anhänger durch Verhandlungen verlieren, deren Agenda die Anerkennung Israels inkludiert. Die Autonomiebehörde will nicht durch essenzielle Zugeständnisse einen Hamas-Aufstand in der Westbank riskieren. Und die Israelis möchten nicht mit unverlässlichen Partnern einen Deal aushandeln, der dann von der breiten Öffentlichkeit daheim nicht akzeptiert wird.

Solange nicht die Realität oder irgendeine bisher unbeteiligte Macht dem Spiel ein Ende macht, ist es einfacher für alle Beteiligten, gar nichts zu tun.  (George Friedman/DER STANDARD, Printausgabe, 2.9.2010)