Foto: Markus Bernath
Foto: Markus Bernath
Foto: Markus Bernath

Bulgariens Hauptstadt hat so seit Juni einen Park mehr, ziemlich im Zentrum der Stadt und mit einer Parkordnung, die sich gewaschen hat: "Es ist nicht gestattet, politische Aktivitäten auszuüben, Sex zu haben und Massenveranstaltungen für Nudisten und Kundgebungen zu organisieren."

So groß war die Furcht der Offiziere in der Akademie vor der Unzucht des gemeinen Volks, dass sie einigermaßen innovative Verbotsschilder entwerfen ließen. Im August kamen die Schilder wieder weg, der öffentliche Spott war zu unangenehm geworden. Videokameras leuchten nun jeden Winkel des Parks aus, und irgendwo in der Akademie wird dann wohl jemand sitzen, der die Bilder von Kinderwagen schiebenden Müttern im Rakowski-Park analysiert.

The bigger picture: Die demokratische Öffnung der bulgarischen Armee. Wenn die allgemeine Ansicht gilt, dass Bulgariens EU-Beitritt 2007 schon ein wenig zu hastig war, was lässt sich dann über die Aufnahme des kleinen Balkanlandes in die Nato im Jahr 2004 sagen? Bulgariens Armee liegt stramm auf US-Kurs, verpachtet Stützpunkte und hätte gern einen Teil des geplanten Raketenabwehrschilds der USA; sie verlor 13 Soldaten im Irak und kam mit vier Verletzten bei einem Angriff der Taliban auf dem Flughafen in Kandahar Anfang des Jahres davon. 2012 soll die erste ausgebildete Kampfeinheit mit 700 Soldaten nach Afghanistan; bisher hatte Sofia "peacekeeper" ins Ausland geschickt. Die Bulgaren, die ihre Armee schätzen, können mit dieser sicherheitspolitischen Ausrichtung wenig anfangen. Gleichzeitig gilt die Armee als zu groß und zu ineffizient.

Der Rektor der Sofia Universität hat unlängst eine andere Rechnung aufgemacht: Wenn die Rechtsregierung von Premier Boiko Borissow ihre Sparpolitik fortsetzt und nur rund ein Drittel der Haushaltsmittel, die sie für die Armee ausgibt, in die Bildung steckt, geht die Abwanderung der jungen Bulgaren ins Ausland weiter. Das wäre dann wahrscheinlich nicht das, was sich Sabi Popowitsch alias Georgi Rakowski, gefeierter bulgarischer Unabhängigkeitskämpfer gegen die Türken im 19. Jahrhundert und Namensgeber der Sofioter Militärakademie samt Park, für die Zukunft seines Landes vorgestellt hatte. Раковски mit Betonung auf dem 'o'.