Bild nicht mehr verfügbar.

Foto: APA-FOTO: HELMUT FOHRINGER

Was die Anwesenheitspflicht für Flüchtlinge im Asylzulassungsverfahren (vulgo Flüchtlingsinternierung) betrifft, wird in der SPÖ dieser Tage anscheinend Position geprobt, wie man Innenministerin Maria Fekter (ÖVP) möglichst elegant - und ohne blaue Flecken abzukriegen - zu Füßen sinken kann. Denn anders als Umfallen wäre es nicht zu bezeichnen, sollten Bundeskanzler Werner Faymann und sein Asylverhandler Verteidigungsminister Norbert Darabos zustimmen, Flüchtlinge bis zu sieben Tage in den Lagern Traiskirchen und Thalham einzusperren: Also Polizisten bzw. einen Wachdienst zu beauftragen, Internierte am Verlassen des Geländes zu hindern - oder zu regeln, dass sie, so sie es doch tun, in Schubhaft kommen.

Noch versuchen die wenigen SP-parteiinternen Anwesenheitspflicht-GegnerInnen die Parteiführung zu überzeugen, dass in diesem Fall auch ein Nein eine Option ist. Doch die Versuchung, sich durch faule Kompromisse als Erhalter menschenrechtlicher Standards zu gerieren und Fekter trotzdem zu Willen zu sein, ist bei Faymann und Co. wohl groß.

Ein solcher fauler Kompromiss wäre es, würde die SPÖ in Fekters Herzenswunschgesetz vorübergehende Internierungsaufhebungsgründe hineinreklamierten, etwa wenn ein Flüchtling zum Arzt muss: Das menschenrechtlich Problematische an der Anwesenheitspflicht wäre dadurch nicht ausgeräumt. Dies ergibt sich paradoxerweise aus einem Urteil der Europäischen Menschenrechtsgerichtshofes (EGMR) in Strassburg, das so ungefähr das Gegenteil zu besagen scheint: dem 2008 veröffentlichten britischen Spruch im Fall Shayan Baram Saadi.

Darin bezeichnen die Strassburger Richter die siebentägige Internierung eines irakischen Kurden im Asylzentrum Oakington im Jahr 2001 als menschenrechtskonform- doch nur unter Berücksichtigung eines Ausnahmezustands: Großbritannien sei in diesem Jahr mit einer „großen und weiter zunehmenden" Zahl von Asylanträgen konfrontiert gewesen, über deren Akzeptanz oder Nichtakzeptanz unter Internierungsbedingungen „zügig" habe entschieden werden können.

Ein solcher Ausnahmezustand ist im Österreich des Jahres 2010 sicher nicht gegeben. Ganz im Gegenteil, die Asylwerberzahlen sind seit drei Jahren stark rückläufig, auch wenn Fekter eine momentane Antragszahlsteigerung im August als Trendumkehr zu bezeichnen versucht. In Wahrheit braucht Österreich die Internierung von Flüchtlingen so nötig wie einen Kropf - es sei denn, man wolle Schutzsuchende dazu bewegen, einen Bogen um das Land „dem Erdteil inmitten" zu schlagen. Dann jedoch stellt sich die Frage, ob Österreich seinen internationalen Asylverpflichtungen überhaupt noch nachkommt.

Irene.Brickner@derStandad.at