Graz/Wien - An dem an Videogewalt-Spielen angelehnten Spiel Moschee baba der steirischen FPÖ gibt es mittlerweile Kritik von oberster Stelle: Bundespräsident Heinz Fischer nannte es am Sonntag einen "absoluten Unfug" und eine "wirkliche Geschmacklosigkeit". UN-Generalsekretär Ban Ki-moon wiederum, der im Zuge seines Österreichbesuches Fischer in Mürzsteg traf, nannte das Spiel in der Presse "total inakzeptabel" und "islamophob".
Trotz eines Gerichtsbeschlusses, demzufolge das Spiel am Freitag aus dem Netz genommen werden musste, ist Moschee baba seit Sonntag wieder online - und zwar auf der Neonazi-Homepage Alpen-Donau-Info, die permanent rassistische, nationalsozialistische und antisemitische Inhalte im Web verbreitet.
Da die Seite auf einem US-Server liegt, kann man sie laut dem Amt für Verfassungsschutz trotz NS-Wiederbetätigung nicht abstellen. Wie die anonym betriebene Seite zur Software der steirischen FPÖ kam, kann Georg Mayer, der Geschäftsführer der Landespartei, dem Standard nicht erklären: "Ich habe keine Ahnung. Das muss wer gehackt haben." Nachsatz: "Wir distanzieren uns aber von dieser Website."
Der Parteiobmann und FP-Spitzenkandidat für die Landtagswahl am 26. September, Gerhard Kurzmann, wetterte angesichts der Löschung des Spiels noch am Freitag gegen die Justiz und sprach von "politischer Einflussnahme".
In einer auf der Homepage veröffentlichten Erklärung, betonte man, dass die FPÖ "nicht mit dieser Entscheidung der Justiz" übereinstimme. Auf derselben Homepage war zuvor als Teil des Anti-Islam-Spiels die Frage gestellt worden, ob man Muslime in Österreich dazu zwingen sollte, "die österreichische Rechtsordnung über den Koran zu stellen". Gefragt, ob man angesichts der angeblichen Fehlentscheidung der Justiz nicht froh sei, dass das Spiel wieder online sei, erklärte Mayer: "Wir befolgen schon die Gesetze."
Auch die Grazer Stadtpartei steigt nun voll in den Landtagswahlkampf ein. Der FPÖ-Stadtrat Mario Eustacchio setzte am Sonntag in einer Grazer Gratiszeitung ein "Kopfgeld von 2000 Euro" auf mutmaßliche "Schläger" im Uni-Viertel aus. Hintergrund: Ein Arzt und ein Student sollen in der Elisabethstraße von drei - laut Opfer mit ausländischem Akzent sprechenden - Unbekannten krankenhausreif geschlagen worden sein.
Selbsternannte Kopfgeldjäger
Eustacchio will Menschen, die Hinweise über die Täter liefern, Geld bezahlen und ließ die Telefonnummer des zuständigen Wachzimmers im Gratisblatt abdrucken - mit dem Hinweis, die Beamten dort wüssten Bescheid.
Doch der stellvertretende Kommandant des Wachzimmers, Josef Kiefer, wies das im Gespräch mit dem Standard am Sonntag empört zurück: "Bitte, wir wissen von so einer Aktion überhaupt nichts!"
Über einen anderen Vorfall im Grazer Uni-Viertel wusste dafür das Innenministerium einiges. Anfang des Jahres sangen einige junge Männer in einem Studentenlokal Nazi-Lieder, schrien "Heil Hitler!" und "Heil Strache!" und attackierten Gäste.
Nachdem Grünen-Nationalratsabgeordneter Karl Öllinger im März eine diesbezügliche Anfrage eingebracht hatte, bestätigte das Innenressort, dass gegen die Männer wegen Wiederbetätigung und Körperverletzung ermittelt werde. Zwei davon waren Mitglieder des Rings Freiheitlicher Jugend (RFJ).
Auch an der Seite von FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache findet sich laut der aktuellen Profil-Ausgabe ein Neonazi. Ein Mann, der bei Wahlkampfveranstaltungen in Straches Securityteam ist, soll der Mitbegründer des rechtsextremen Netzwerkes "Blood and Honour" sein.
(Colette M. Schmidt, DER STANDARD, 6.9.2010)