Wien - An der Höheren Technischen Lehranstalt (HTL) Spengergasse ist im neuen Schuljahr "Business as Usual" angesagt - das wünschen sich zumindest Direktor Wolfgang Hickel, SchülerInnen- und Elternvertreter. Der Standort war zuletzt in den Schlagzeilen, weil Informatik-Lehrer Walter S. nunmehr als Frau unterrichten wird. Aus Sicht der SchülerInnen hat die Aufregung aber vor allem in den Medien stattgefunden; immerhin, so Schulsprecherin Viktoria Nestler, habe S. sich schon im vergangenen Schuljahr verändert, etwa Ohrringe getragen. "Wir haben das bemerkt", sagt Christian Langer, SchülerInnen-Sprecher der Informatik-Abteilung, "aber nie eine große Sache daraus gemacht. Wir dürften das lockerer sehen als in den Medien dargestellt".
S.' Name im Personalregister der Schule ist bereits geändert und auch die Personenstandsänderung, durch die S. auch vor dem Gesetz zur Frau wird, sei in Arbeit, so Hickel. Die KollegInnen sollen angeregt werden, S. künftig als Frau anzusprechen. Die SchülerInnen, meinte Nestler, würden das ebenfalls versuchen - auch wenn "es am Anfang schon einmal zu Verwechslungen kommen wird".
Die mediale Aufregung um die Geschlechtsänderung von Walter S. zu Andrea S. führt Hickel darauf zurück, dass "ein Teil der Elternvertreter sich um jene Schüler Sorgen gemacht hat, bei denen das im Elternhaus nicht so besprochen werden kann". Immerhin seien Jugendliche in einem Prozess der Identitätsfindung und müssten in dieser Phase sensibel betreut werden. Das Thema sei viel zu ernst, als dass man riskieren sollte, dass manche SchülerInnen es ins Lächerliche ziehen, betonte der stellvertretende Vorstand des Elternvereins Spengergasse, Gerhard Burian.
Gemeinsam mit dem Unterrichtsministerium wurde deshalb ein Maßnahmenpaket vereinbart: Zum Schulstart soll es für SchülerInnen und LehrerInnen Informationsveranstaltungen und die Möglichkeit zu Gesprächen mit PsychologInnen geben, es wurde ein Info-Telefon eingerichtet und in der ersten Einheit wird der Direktor Andrea S. in die Klassen begleiten. Und auch später soll das Thema Transidentität "in aller Ruhe behandelt werden", so Hickel. Im Zentrum des Alltags, betonte er wie auch Langer, müsse aber die Bildung und Ausbildung der Schüler stehen.
Kritik daran, dass an der HTL Spengergasse Begleitmaßnahmen nötig sind und an anderen Schulen mit transidenten LehrerInnen nicht, weist Hickel zurück. Es habe nichts mit Rückständigkeit zu tun, "wenn man im Umgang mit Randgruppen rücksichtsvoll vorgeht", betonte er. Schließlich kämen die SchülerInnen an der HTL Spengergasse aus über 30 Nationen, und Toleranz sei an dieser Schule wichtiger Teil des Leitbildes. "Wir wollen jetzt zu dieser Toleranz zurückkehren, nachdem wir von den Medien davon weggedrückt wurden wie von einer Lawine." (APA)