Eine Gruppe Feiernder, Braut samt Polterabendpartie, schiebt ein Einkaufswagerl durch das Grazer Uni-Viertel. Es gibt diverse Dinge zu kaufen, so ein Abend will ja auch verdient werden. In dem Wagen sind Rum und Limonade versteckt. Wir sind in der Grazer Alkoholverbotszone. Hier ist das Trinken in der Öffentlichkeit untersagt, die Ordungswache - so heißt die Stadtwache offiziell - und die Polizei sollen dafür sorgen, dass dies auch eingehalten wird.
Noch ist für einen Freitagabend wenig los in dem Viertel rund um den Grazer Unicampus. Scherben auf dem Boden zeugen jedoch von vergangenen, ausgiebigen Nächten. Ob die Polterabendrunde keine Angst vor der Ordnungswache habe. „Nein, das ist doch alles hinter einem Polster mit Herzen versteckt, das passt schon", entgegnet die zukünftige Braut und lacht mit ihren Freundinnen. Ernst genommen wird die Ordnungswache hier nicht.
Ordnungswache ÖVP-Forderung
Sicherheit ist auch im steirischen Wahlkampf ein beliebtes Thema. Plakate der steirischen FPÖ ziert der Slogan, „Sicherheit statt Ausländerkriminalität", aber auch die anderen Parteien stimmen in den Kanon ein. Der Anstieg der Einbruchskriminalität lässt den Wohnungsschutz zum Politikum werden, ÖVP-Spitzenkandidat Hermann Schützenhöfer präsentierte erst unlängst gemeinsam mit seiner Parteikollegin Maria Fekter eine Aufstockung der Polizei in der Steiermark um rund zehn Prozent oder 300 Exekutivbeamte. Die Ordnungswache und ihre Kontrollfunktionen spielen da nur am Rande eine Rolle.
Die Ordnungswache war eine lange Forderung der ÖVP-Stadtregierung, blickt man nach Wien so findet sich solch eine Stadttruppe auch auf der Wunschliste der Wiener Konservativen. Was sind nun die Aufgaben der Ordnungswache? Die Liste ist lang: Für "Wildpinkeln", öffentliches Trinken in Verbotszonen, das achtlose Wegwerfen einer Zigarette oder eines Kaugummi können Ordnungsstrafen erlassen werden, meist um die 35 Euro. Auch Betteln oder das Führen von Tieren ohne Leine im öffentlichen Raum fallen in den Aufgabenbereich der Ordnungswache.
Pfefferspray und Nahkampfkenntnisse
Derzeit sind rund 15 Personen bei der Ordnungswache beschäftigt, jeweils fünf Personen stellen eine Schicht. Die Wächter sind mit Pfefferspray ausgestattet, tragen Uniform. Ausgebildet wurde die Ordnungswache von der Polizei. „Dazu gehört auch einen Schnellkurs im Nahkampf", so der Leiter der Ordnungswache Andreas Köhler im Gespräch mit derStandard.at. Zum Einsatz kamen diese Kenntnisse jedoch noch nie.
Rund ein Jahr ist die Ordnungswache im Einsatz, was hat sie bisher bewirkt „Um tatsächlich spezielle Trends zu erkennen, dazu ist die Ordnungswache zu schwach besetzt", sagt Köhler. „Daher ist es schwer eine größere Präsenz zu zeigen." Seit einem Jahr ist eine Aufstockung im Gespräch, Köhler erwartet einen Beschluss dazu in den nächsten Wochen. Genaue Zahlen stehen jedoch nicht fest. Köhler hofft, dass ihm danach in Spitzenzeiten bis zu 10 Teams von je zwei Personen zur Verfügung stehen.
Alkoholverbotszonen und die Grünlagenverordnung
Von Jahresbeginn bis Ende Juli gab es 2334 Belehrungen, 133 Strafverfügungen und 33 Anzeigen wurden an die Polizei weitergeleitet. Davon waren rund 1000 „Übertretungen nach der Grazer Grünanlagenverordnung", also beispielsweise Radfahren im Park oder das Freilaufenlassen von Hunden. Rund 250 Übertretungen gab es wegen Alkoholkonsum in diesbezüglichen Verbotszonen.
Die Alkoholverbotszonen gelten nicht nur in den Gassen zwischen Unicampus und Stadtpark, sondern teilweise auch am Hauptplatz und am Jakominiplatz.
„Es ist alles gleich geblieben"
Die Standler am Grazer Hauptplatz beantworten die Frage nach der Ordnungswache mit einem leichten Schmunzeln. Niko Gerner, Verkäufer bei einem Süßigkeitenstand, meint im Gespräch mit derStandard.at. „Grundsätzlich gibt es keine wesentlichen Änderungen. Es ist eher ruhiger geworden und es gibt weniger Punks am Brunnen." Doch auch ohne Ordnungswache habe er sich niemals unsicher gefühlt. Die Angestellten des Kebab-Stands, der deutlich näher zum Brunnen und damit bei einem beliebten Treffpunkt der Punkszene liegt, stimmen ihrem Kollegen zu. Sie konnten auch keine Steigerung des subjektiven Sicherheitsgefühls feststellen. „Es ist alles gleich. Es ist weder besser noch schlechter geworden." Die Polizei müsse nur selten hinzugezogen werden, die wenigen Punks am Hauptplatz seien generell nicht aggressiv. Beide verweisen auf den Jakomini-Platz, der als weniger ruhig verschrien ist.
Ordnungswache als Unterstützung der Polizei
Werner Breithuber, Sicherheitsprecher der SPÖ-Steiermark, steht der Ordnungswache skeptisch gegenüber: „Die wirklichen Probleme kann die Stadtwache nicht lösen." Doch auch er fordert mehr Sicherheit. Die sei aber Sache der Polizei und nicht jeder einzelner Gemeinde. „Aber nicht mit Privatsheriffs und Stadtwachen, das ist der verkehrte Weg."
Für mehr Polizei ist auch der ÖVP-Sicherheitssprecher, Eduard Hamedl. Gleichzeitig ist er Befürworter der Stadtwache - als Entlastung und zur Unterstützung der Polizei. „Die Ordnungswache hat andere Aufgaben. Es geht um kleine Delikte, wie Alkoholverbot oder Leinen- und Beißkorbpflicht für Hunde. Diese Dingen fallen nicht in die Zuständigkeit der Polizei, die ist für Kriminalitätsbekämpfung da."
Kritik an der Stadtwache lässt Hamedl nicht zu. Nichts anfangen kann er mit dem Vorwurf, die Ordnungswache werde nicht ernst genommen. Er erhalte durchwegs positive Resonanz aus der Bevölkerung.Für ihn gehe es nicht um die Steigerung des subjektiven Sicherheitsgefühls: Die Sicherheit in der Steiermark wurde sowohl durch die Ordnungswache als auch durch die Aufstockung der Exekutivbeamte erhöht.
Angst vor Kriminalitätstourismus
Ob das Thema Sicherheit vor allem zu Wahlkampfzeiten mangels alternativer Themen ausgeschlachtet wird, dazu wollen sich weder Breithuber noch Hamedl konkret äußern. Sicherheit sei immer ein wichtiges Thema, vor allem in Zeiten des Kriminalitätstourismus. In welchem Zusammenhang Kriminalitätstourismus mit der Ordnungswache steht, bleibt dabei jedoch offen.
(Marie-Theres Egyed, Sebastian Pumberger, derStandard.at, 8.9.2010)