"Ladenhüter"

Foto: Mascha Dabic

Sieben Kopfbedeckungen für Männer

Foto: Mascha Dabic

Blaue Wunder verheißen bekanntlich nichts Gutes. Damit am 10. Oktober ein mögliches politisches blaues Wunder nicht ganz so verheerend ausfallen möge, sind zehn Künstler dem Aufruf der "Galerie vor Ort" gefolgt und haben mit ihren Werken ihren Protest gegen Fremdenfeindlichkeit in der Politik zum Ausdruck gebracht.

Ausländerfeindlichkeit im öffentlichen Raum

Michaela Göltl, eine von den vier Betreiberinnen der Galerie, erzählt, wie es zu dieser Ausstellung gekommen ist: „Die Straßen sind voll von Plakaten, die massiv Ausländerfeindlichkeit schüren. Wir haben uns gedacht, wir wollen dem etwas entgegensetzen, in unserem kleinen Rahmen und in unserem Raum. Deshalb haben wir im Mai eine Ausschreibung gemacht, um an Künstler heranzukommen, die etwas dazu sagen wollen."
Von zwanzig Einreichungen wurden schließlich zehn Vorschläge ausgewählt, die im Rahmen der Ausstellung "10.10.10" vom 10.9. bis zum Wahltag, dem 10.10.2010, in der Galerie gezeigt werden.

Köpfe, Ladenhüter, Dartscheibe und vieles mehr

Manche teilnehmenden Künstler haben den Aufruf der Galerie zum Anlass genommen, sich dem Thema Rechtspopulismus auf eine spielerische Weise zu nähern. So leistet etwa der ägyptische Künstler Hazem El Mestikawy einen anregenden Beitrag zur aktuellen Kopftuchdebatte: In Anlehnung an Otto Neuraths Visualisierung der fünf Gruppen der Menschheit stellt El Mestikawy sieben Kopfbedeckungen für Männer schematisch dar. Die schmucklose und reduzierte Schwarz-Weiß-Illustration mag dem Beobachter im ersten Moment befremdlich erscheinen, sind wir es doch hinlänglich gewöhnt, dass Kopfbedeckungen nur im Zusammenhang mit Frauen diskutiert werden, und dann auch meistens in einem (ab)wertenden oder schrillen Tonfall.

Der österreichische Objektkünstler Stefan Fuchs greift mit seinen "Ladenhütern" die FPÖ-Wahlkampagne direkt auf und bringt ironisch und dennoch unmissverständlich zum Ausdruck, welche Emotionen er durch die jüngsten Wahlplakate geschürt sieht: Neid und Missgunst, Angst und Hass. Ein weiterer "Ladenhüter" ist die "Braune Brühe", die, wie es am Dosenetikett heißt, garantiert seit mehr als 65 Jahren am Köcheln ist. Die Dartscheibe der beiden Künstlerinnen Irene Falkner und Barbara Pipan funktioniert ähnlich wie die Wahlkabine.at. Durch einen Pfeilwurf kann man ermitteln, wo man politisch steht.

Fest der Kulturen

Die Ausstellung ist im Rahmen des Fests der Kulturen der Leopoldstadt eingebettet. Parallel dazu findet ein breit gefächertes Rahmenprogramm mit Lesungen, Diskussionsrunden und Vorträgen im Bezirk statt. Gute Nachbarschaft wird in der "Galerie vor Ort" auch während des restlichen Jahres groß geschrieben. Göltl erzählt von den Bemühungen, mit der unmittelbaren Nachbarschaft in Kontakt zu treten: "Die Menschen haben eine Hemmschwelle, eine Galerie zu betreten. Letztes Jahr haben wir den ganzen Ausstellungsraum mit Kleidung vollgehängt und haben viel Werbung gemacht. So konnten wir auch mal andere Menschen ansprechen, die sich sonst nicht für Kunst interessieren. Ist der Kontakt hergestellt, kommen die Leute auch später vorbei und wollen wissen, was aktuell passiert."

Wie die Nachbarn auf die künstlerische Anprangerung von Fremdenfeindlichkeit reagieren werden, wird sich noch herausstellen. Die Vernissage am 9. September war laut Galeristin und Künstlerin Ulli Klepalski jedenfalls sehr erfolgreich: "Die Vielfalt an Zugängen, die wir durch die Ausstellung ermöglicht haben, hat bei den Besuchern großen Anklang gefunden."