Neben dem neuen iPod Touch und dem Shuffle hat Apple Anfang September auch einen neuen iPod Nano vorgestellt, bei dem das bisherige Design vollkommen über Bord geworfen wurde.

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Der neuen Nano ist bereits die sechste Generation der Produktlinie seit 2005.

Fotos: Apple/ Montage: red

Mit 37,5 x 40,9 mm ist der Player fast ein perfektes Quadrat, dessen Vorderseite von einem 1,54 Zoll großen Touchscreen eingenommen wird.

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Die Qual der Wahl: der Player ist in sieben leuchtenden Farben erhältlich.

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Mit einem Clip an der Rückseite kann der Nano an der Kleidung befestigt werden und fällt dank des geringen Gewichts kaum auf.

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Mit Quadratur des Kreises kann man Apples schwierige Aufgabe beschreiben, seinen MP3-Player iPod immer wieder neu  erfinden zu wollen und müssen. Bahnbrechende, neue Features kommen selten hinzu. Vielmehr geht es darum, einer seit Jahren gut funktionierenden Produktlinie mit neuem Design neuen Schwung zu verleihen. Der iPod Nano ist die Quadratur von Apples MP3-Player - im übertragenen und wörtlichen Sinn.

Design

Das aktuelle Nano-Modell ist bereits die sechste Generation. Die mittlere Linie des iPods wurde 2005 eingeführt. Apple versucht sich seither jährlich an einem neuen Design. Dem iPod Nano von 2010 hat Apple nun die gewagteste Rundumerneuerung verpasst. Von dem länglichen Gehäuse ist nichts geblieben. Stattdessen ist der Nano mit 37,5 x 40,9 mm fast ein perfektes Quadrat, dessen Vorderseite von einem 1,54 Zoll großen Touchscreen eingenommen wird. Mit diesen Abmessungen und einer Dicke von 10 mm inklusive Clip ist der Nano fast so klein wie Apples aktueller Shuffle, der kleinste und günstigste Player der iPod-Serie. Über einen Clip an der Rückseite lässt sich der Nano an der Kleidung befestigen. Das Fliegengewicht von 21,1 Gramm fällt auch beim Sporteln kaum ins Gewicht.

Anschlüsse und Tasten

Neben dem Touchscreen wird der Musik-Player über zwei Lautstärke-Tasten und einen Stand-by-Knopf an der Oberseite bedient. An der unteren Geräteseite befinden sich die 3,5-mm-Kopfhörerbuchse sowie ein Dock-Anschluss, über den der Player mit Strom und Musik beladen oder etwa an Auto-Radio oder Lautsprecher angeschlossen wird. Unpraktisch ist, dass man zum Unterbrechen der Wiedergabe und für einen Wechsel zum nächsten Song den Touchscreen einschalten muss. Hier wäre eine Lösung erwünscht, bei der man nicht auf den Touchscreen sehen muss, was aber vermutlich auf Kosten der Größe gehen würde. Durch Schütteln des Geräts kann zumindest ein anderes Lied per Zufallswahl ausgesucht werden.

Touchscreen

Der 1,54 Zoll große Touchscreen bietet ein kontrastreiches, scharfes Bild mit lebendigen Farben. Bei einer Auflösung von 240 x 240 Pixeln finden genau vier Icons Platz - das reicht, um den Player trotz geringer Abmessungen noch komfortabel bedienen zu können. Durch Playlisten muss man allerdings mitunter lange durchscrollen, da nur vier Titel gleichzeitig auf dem Screen untereinander anzeigt werden können. Hübsch ist auf jeden Fall, wenn beim Abspielen eines Titels das Cover bildschirmfüllend dargestellt wird. Fotos können ebenfalls gespeichert und angezeigt werden, einen Video-Player gibt es allerdings nicht. Auf vier Homescreens stehen die Icons für Playlists, die aktuelle Wiedergabe, Interpreten, Titel, Alben, Genres, Komponisten, Genius Mixe, Radio, Podcast, Fotos, Einstellungen, Fitness und Uhr zur Verfügung. Neue Playlists können auch direkt am Nano erstellt werden.

Fast iOS

Das kleine Display unterstützt Multitouch-Eingaben. Will man aus einem Menüpunkt zur nächsten höheren Ebene  navigieren, reicht ein "Swipe" (eine Wischbewegung mit dem Finger) von links nach rechts. Weitere Optionen stehen beim Swipe von rechts nach links zur Verfügung. Durch Drehen mit zwei Fingern kann die Ausrichtung des Displays nach allen vier Seiten geändert werden, einen Lagesensor gibt es nicht. Die Icons können auf den Homescreens durch längeres Drücken wie von iOS gewohnt neu arrangiert werden. Die Bedienung über den quadratischen Touchscreen ist intuitiv und simpel und erinnert stark an iOS. Look und Bedienung sind insgesamt stark an das iPhone-Betriebssystem angepasst. Eine direkt Anbindung an den iTunes Store steht am Nano allerdings nicht zur Verfügung. Musik muss über den Computer aufgespielt werden. Zusätzliche Apps können nicht installiert werden.

Kamera ade

Durch die Abmagerungskur des Gehäuses hat Apple den iPod Nano eines Features beraubt, das bei der vorhergehenden Generation noch besonders herausgestrichen wurde: die integrierte Kamera. Die wurde bekanntlich dem iPod Touch zugeschanzt, mit Unterstützung für die Videotelefonie-Anwendung FaceTime. Die Integration der Kamera im vorigen Nano-Modell war bescheiden - zwar lieferte sie annehmbare Videos, war jedoch sehr unpraktisch platziert und bot kaum Einstellungsmöglichkeiten (siehe WebStandard-Test). Preislich gibt es leider keinen Vorteil durch diesen Funktionsschwund - im Gegenteil. Das 8-GB-Modell der vorigen Nano-Generation kostete 149 Euro. Nun verlangt Apple für die 8-GB-Version 169 Euro. Wer unbedingt eine Kamera braucht muss für den neuen iPod Touch mindestens 239 Euro ausgeben.

Sound und VoiceOver

Der Klang des Nano ist satt und klar. Wie üblich gibt es die Möglichkeit die Lautstärke zu beschränken. Für Personen mit beeinträchtigtem Sehvermögen hat Apple wieder die Vorlesefunktion VoiceOver integriert. Ob man damit allerdings zurechtkommt, ist fraglich. Während man am Shuffle die Buttons ertasten kann, musst man am Nano die Bedienelemente am Touchscreen richtig treffen, damit die Funktion des Objekts durch einmaliges Antippen vorgelesen und durch doppeltes Antippen ausgeführt wird. Das winzige Akkustatus-Icon in der rechten oberen Ecke auswählen zu können, gleicht einem Geschicklichkeitsspiel. Außerdem ist die Steuerung nicht intuitiv.

Durchhaltevermögen

Bei den Batterielaufzeiten gibt Apple bis zu 24 Stunden durchgehende Musikwiedergabe an. Diese Angaben beziehen sich wie üblich auf Messwerte im Labor. Ist das Display öfter und lange aktiviert, verkürzt sich die Akkulaufzeit. Wählt man nur kurz den gewünschten Titel oder die Playlist aus und schaltet den Bildschirm danach wieder aus, ist die durchgehende Laufzeit von etwa einem Tag realistisch.

Weitere Funktionen

Neben der Musik- und Hörbuch-Wiedergabe bietet der Nano ein FM-Radio mit der bekannten Live Pause-Funktion. Dabei kann man eine Radio-Sendung kurz anhalten und bis zu 15 Minuten vor- und zurückspulen. Wie üblich ist auch eine Fitness-App dabei, die von Haus aus einen Schrittzähler bietet und mit dem Nike+ iPod Sport Kit kompatibel ist.

Fazit

Der neue iPod Nano ist ein solider Musik-Player nach dem bewährten Apple-Rezept: ansprechendes Design mit hohem Wiedererkennungsfaktor und cleveren Funktionen. Über den Touchscreen ist der Nano zwar simpel zu bedienen, das Fehlen physikalischer Steuermöglichkeiten macht die Steuerung jedoch nicht so einfach wie erhofft und erfordert einen Blick auf den Screen. Bei den sechs lebendigen Produktfarben (plus der Sonder-Edition Product Red) fällt die Wahl schwer. Damit ist der Nano für alle User geeignet, die einen kompakten MP3-Player mit dem gewissen Etwas suchen (das sich Apple freilich auch etwas kosten lässt.) Die 8-GB-Version kostet wie bereits erwähnt 169 Euro, für das 16-GB-Modell muss man 199 Euro locker machen. (Birgit Riegler, derStandard.at, 26. September 2010)

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