Die Korruptionsstaatsanwaltschaft Wien hat ihre Ermittlungen in der Causa Siemens Österreich ausgeweitet. Nach Vernehmungen in- und ausländischer Zeugen hat sich der Verdacht auf Untreue und Bestechung in Südosteuropa, namentlich in Rumänien, Bulgarien und Bosnien, "verdichtet und erweitert" , bestätigt ein Sprecher der Behörde STANDARD-Informationen. Auch Ex-Siemens-Österreich-Chefin Brigitte Ederer hat Stellung genommen.
***
Wien - Die Korruptionsstaatsanwaltschaft Wien hat ihre Ermittlungen zum Verdacht von Schmiergeldzahlungen durch Ex-Manager von Siemens Österreich ausgeweitet. Die Angelegenheit ist seit 2007 anhängig und landete 2009 bei der neuen Anklagebehörde. Wie berichtet stehen zwei Siemens-Österreich-Manager, die bis 2007 für den Elektronikkonzern gearbeitet haben, unter Untreue- und Korruptionsverdacht.
Sie sollen in Südosteuropa Geld an Geschäftspartner bezahlt haben, die dafür keine Gegenleistung erbracht hätten. Zumindest rund 600.000 Euro sollen so für "Consulting- und Lobbying-Dienste" ausgegeben worden sein in Ländern, in denen Siemens Österreich aktiv war. Die Consulting-Gesellschaften seien Scheinfirmen gewesen, die dazu dienten, "ausländische Amtsträger günstig zu stimmen", erklärt der Sprecher der Korruptionsstaatsanwaltschaft, Friedrich Alexander König, den Vorwurf.
Der Verdacht habe sich durch Einvernahmen von Zeugen "verdichtet". Auch der Länderradius, in dem die Beschuldigten, für die die Unschuldsvermutung gilt, aktiv gewesen sein sollen, hat sich erweitert. Laut Standard-Recherchen wurde Geld etwa in Rumänien, Bulgarien, Bosnien investiert. Stellung genommen zur Causa hat auch die bisherige Siemens-Österreich-Chefin Brigitte Ederer. Eine Einvernahme blieb ihr freilich erspart, sie hat eine schriftliche Stellungnahme abgegeben.
Die Quelle des Geldflusses befand sich laut bisherigen Untersuchungsergebnissen in München. Die zwei hochrangigen Ex-Siemensianer sollen öfter nach Bayern in die Konzernzentrale gereist sein, um am so genannten Cash-Desk Bargeld abzuholen. Mindestens 600.000 Euro sollen in Hunderttausender-Tranchen geholt worden sein. Die Manager hätten bei den Abhebungen eine Art Persilschein unterschrieben: Bestätigungen, wonach die Gelder "nicht für Zahlungen verwendet werden, die den OECD-Richtlinien gegen die Korruptionsbekämpfung widersprechen".
Einer der Beschuldigten hat inzwischen einen Einstellungsantrag eingebracht. Seine Argumentation bezieht sich indirekt auf die jüngste Geschichte des von Korruptionsskandalen geschüttelten Siemens-Deutschland-Konzerns. Die Aktivitäten, die man gesetzt habe, entsprächen jener Form von Lobbying, die im Konzern anerkannt gewesen sei, heißt es in dem Antrag sinngemäß. (Renate Graber, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 21.9.2010)