Hier will FP-Chef Heinz-Christian Strache "Neonazistisches" gehört haben. Weil sich auf dem Band nichts fand, sucht die Justiz Wiederbetätigung nun auf Videomaterial von Szenen Wochen zuvor.

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Wien - Infodirektor Elmar Oberhauser entschied laut ORF, dem Urteil des Oberlandesgerichts Wien zu entsprechen. Die zweite Instanz entschied, dass der ORF die Bänder aushändigen muss. Anhaltspunkt sind wie berichtet angebliche Nazi-Sprüche eines der Protagonisten im Hof einer Wohnhausanlage. Die Schwester eines der Skinheads hat auf diese Szene verwiesen, geht aus dem Urteil hervor, das dem STANDARD vorliegt.

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts zitiert "ergänzend" und ohne Widerspruch Begründungen der Staatsanwaltschaft: Weil der gefilmte Skin mit den rechten Aussagen seine Gesinnung öffentlich dokumentieren wollte, würden die Videos für "Am Schauplatz" zu "tatbildlichem Propagandamaterial" im Sinne des Verbotsgesetzes, also "der Einziehung unterliegende Verbrechensprodukte".

Aufnahme macht Verbrecher

"Das Verbrechen nach Paragraf 3g Verbotsgesetz wäre bereits mit Abschluss der Bild- und Tonaufnahmen des ,Hitlergrußes' beziehungsweise einzelner Schlagworte unter Mitwirkung des Erstbeschuldigten vollendet." Dieser Erstbeschuldigte ist der ORF-Redakteur, Paragraf 3 des Verbotsgesetzes widmet sich der Wiederbetätigung, auf Absatz g stehen zehn Jahre Haft, in besonders schweren Fällen 20.

Der ORF hat gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichts über das weitere Material kein ordentliches Rechtsmittel. Er kann eine Nichtigkeitsbeschwerde anregen und das Europäische Menschenrechtsgericht anrufen."Wir sind aber nach wie vor überzeugt, dass die Entscheidung des Oberlandesgerichts nicht zulässig ist und einen Eingriff in das Redaktionsgeheimnis darstellt. Wir werden diese mit allen rechtlichen Mitteln bekämpfen", sagt ORF-Sprecher Pius Strobl.

"Unverständlich und feige" nennt ORF-Redakteursratschef Fritz Wendl die Herausgabe der Bänder (mehr hier). Wie "die Wiener Neustädter Staatsanwaltschaft das Redaktionsgeheimnis bekämpft, ist mit in demokratischen Gesellschaften üblichen Standards der Medienfreiheit unvereinbar".

FP-Chef Heinz-Christian Strache zeigte den ORF-Redakteur an, er habe die Skins zu "Neonazistischem" bei einer FP-Veranstaltung angestiftet. Davon war nichts auf Band. Schauplatz-Chef Christian Schüller zeigte Strache wegen Verleumdung an. Strache wird nun auch als Beschuldigter geführt. (fid, APA/DER STANDARD, Printausgabe, 24.9.2010)