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Geldmaschine Tablet? Nicht nur für Apple?

Foto: APA/epa/Kumm

Prognosen gehen davon aus, dass bis Ende des Jahres weltweit rund sechs Millionen iPads im Umlauf sein werden, im deutschsprachigen Raum belaufen sich die Schätzungen auf rund 500.000 Apple-Geräte. Alleine diese Zahlen sind Grund genug, um als Verlag wie Conde Nast mit eigenen Applikationen präsent zu sein, sagte Tobias Oswald von Conde Nast Digital bei den Medientagen. "Unser Anspruch ist eine höhere Entwicklung aus Print und Online zu generieren." Gerade Printtitel wie "Vogue" oder "Vanity Fair" aus dem Verlagsportfolio sieht er für diese Zielgruppe prädestiniert.

Hohe Kosten, geringe Penetration

Ob Apples iPad oder der Rest an Tablets, die sich noch in der Pipeline befinden, zur großen Cash Cow der Verleger mutieren und Einnahmenverluste aus Printeerlösen kompensieren können, darüber gehen die Meinungen auseinander. Im Gegensatz zu Oswald sieht Alexander Mitteräcker, Geschäftsführer von derStandard.at, die Entwicklung nicht durch die rosarote Brille. "Die Frage ist, ob das Gerät massentauglich ist?", denn: "Nur so können wir Geld verdienen", sagt Mitteräcker und verweist dabei auf die Anschaffungskosten von 700 Euro. Ein iPad ersetze nämlich kein anderes Gerät, "weder Handy noch Notebook". Den österreichischen Tablet-Markt sieht er im Moment als zu klein an, um als Nachrichtenmedium in nächster Zeit Geld verdienen zu können. "Angekündigte Revolutionen finden nicht immer statt", prognostiziert Mitteräcker.

Sven Scheffler vom deutschen "Handelsblatt" ist zuversichtlicher, dass sich die Präsenz auf Tablets monetarisieren lässt. Die bisherigen Applikationen seien "Derivate von bestehenden Produkten", kritisiert er: "Wenn wir keine eigenständigen Sachen entwickeln, werden die Leser sicher nicht zahlen." Im Falle des "Handelsblattes" werden Exklusivinformationen künftig immer zuerst übers iPad verbreitet werden, kündigt er an: "Der Informationsvorsprung muss den Preis rechtfertigen." Ohne Differenzierung keine Finanzierung.

"Gratisunkultur"

"Konsumenten sind es gewohnt, online zu kaufen", setzt auch Johannes Werle von der Verlagsgruppe News große Hoffnungen in die Zukunft von Tablets als Geldmaschinen für Verlage. Zwar nicht kurzfristig, das Geschäftsmodell werde sich aber etablieren, glaubt er. "Letztes Jahr haben in Österreich 600.000 Leute online gekauft", berichtet Werle. Die Verlagsgruppe News werde nur mit bezahlten Apps agieren, verrät er: "Das werden geschlossene Produkte mit tollen Möglichkeiten zur Visualisierung sein." Er spekuliert damit, auf diese Weise mit der "Gratisunkultur", wie er es nennt, brechen zu können. Natürlich nur wenn entsprechende Reichweiten für die Distribution der Apps zur Verfügung stehen, so Werle.

Zeit als Währung

Von "Gratisunkultur" will Alexander Mitteräcker von derStandard.at nicht sprechen. "Wir verlangen von den Usern sehr viel, nämlich ihre Zeit", sagt er: "Und Zeit ist schließlich Geld." Für Mitteräcker ist das iPhone eher eine Revolution als das iPad, "denn das hab ich immer dabei". Es gibt viele Gratisangebote, also werde es schwierig, mit Bezahlinhalten erfolgreich zu sein. "Ich glaube nicht, dass uns jetzt der Knopf aufgeht, nur weil plötzlich ein anderes Gerät da ist." Potenzial für erfolgreiche Tablet-Applikationen ortet er im Bereich von "Luxustiteln" - und weniger bei Nachrichtenseiten. Blätter wie "Vogue" oder "Vanity Fair" würden auch am Kiosk ihren Preis haben. Und Leute sind anscheinend bereit, dafür tiefer in die Tasche zu greifen.

System Apple in der Kritik

"Für uns ist es elementar, in der Apple-Welt präsent zu sein", sagt Tobias Oswald von Conde Nast. Seine Leser hätten eine klare Affinität zu Apple. Oswald warnt aber davor, dass Medien mit Apple ein System schaffen, "das uns an der kurzen Leine hält". Er zieht eine Parallele zu Google vor vielen Jahren. Ein Moloch ohne Konkurrenz sei entstanden, der von den Medien gefüttert wurde und so die Marktbedingungen diktieren kann. Er kritisiert, dass Apple die Vermarktungshoheit bei der Werbung hat und wohl auch nicht daran denkt, diesen Kuchen fairer aufzuteilen. "Wir würden aber gerne Reichweiten in Kombination mit Print anbieten", hofft er, dass sich eventuell an der Situation was ändert, wenn alternative Anbieter am Markt sind.

Evolution statt Revolution

Für Martin Wallner von Samsung sind Tablets mehr Evolution denn Revolution. Der Markt werde bis ins Jahr 2014 jedes Jahr dreistellige Wachstumsraten verzeichnen, prophezeit er. Die Monopolstellung Apples werde bald der Vergangenheit angehören, meint Wallner und zitiert Analysten, die Apples Marktposition langfristig angeblich bei rund 30 Prozent sehen. Auch Tablets werden liebgewonnene Gewohnheiten befriedigen können, glaubt er. "Biegbare, rollbare Displays" befänden sich gerade im Teststadium: "So werden auch in Zukunft Leute ihre Zeitung unterm Arm tragen können." (derStandard.at, 23.9.2010)