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Palästinenserpräsident Mahmud Abbas (hier bei der UN-Vollversammlung in New York) will nun zunächst die Arabische Liga konsultieren.

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Formal war der Siedlungsausbaustopp am 26. September, also am Sonntag um null Uhr abgelaufen, die Politiker taten aber so, als hätte man noch weitere 24 Stunden, um eine Formel zu finden, die die Nahostverhandlungen retten sollte. Über das Wochenende hatten die USA noch hektisch Kompromissvorschläge zwischen Palästinenserpräsident Mahmud Abbas und Israels Verteidigungsminister Ehud Barak hin- und hergetragen, die beide in New York waren. Der US-Nahostgesandte George Mitchell traf am Samstag in New York noch einmal mit dem palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas zusammen, um die Chancen für eine Fortsetzung der Verhandlungen auszuloten.

Von vielen Ländern waren die Israelis aufgerufen worden, das vor zehn Monaten verhängte Ausbau-Moratorium zu verlängern, während die Palästinenser gedrängt wurden, die Verhandlungen, die am 2. September begonnen hatten, nicht abzubrechen. Inzwischen ließ die Siedlerbewegung schon "die Motoren der Baufahrzeuge warmlaufen" , berichteten israelischen Medien. Sonntagnachmittag sollte in Revava, einer kleinen Siedlung im nördlichen Westjordanland, mit einer symbolischen Grundsteinlegung für ein neues Wohnbauprojekt das Ende der Ausbaustopps gefeiert werden. Die Siedler in Hebron haben für Montag zur Grundsteinlegung für einen Kindergarten geladen und angekündigt, dass auch Regierungsmitglieder an der Zeremonie teilnehmen würden.

Sprechverbot für Minister

Premier Benjamin Netanjahu versuchte zugleich, alles abzudämpfen, was wie eine Provokation wirken konnte. Seine Minister hatten anscheinend ein Sprechverbot bekommen, und diskrete Sendboten sollen Siedlerfunktionäre gebeten haben, sich mit Zeremonien und sonstigen Shows für die Kameras zurückzuhalten.

Theoretisch könnte nun der Bau von bis zu 2000 Wohnungen, die schon vor dem Stopp bewilligt wurden, sofort beginnen. Einen spektakulären Bauboom erwartet aber niemand, weil das Verteidigungsministerium große Projekte durch die Verweigerung von Unterschriften aufhalten kann. "De jure gibt es ab jetzt keinen Baustopp in der Form einer Verfügung" , sagte der rechtsgerichtete Abgeordnete Uri Ariel, "aber de facto werden viele Orte unter einem Baustopp bleiben, weil man keine Ausschreibungen veröffentlichen wird." Abbas signalisierte indessen, dass das Ende des Baustopps nicht automatisch zum Abbruch der Gespräche führen müsse. Er würde zunächst die palästinensischen Gremien und die Arabische Liga konsultieren, sagte Abbas der arabischen Zeitung Al-Hayat.

Das ständige Gremium der Arabischen Liga hatte Abbas grünes Licht für die Gespräche mit Israel gegeben. Ein Sprecher Abbas' sagte, Abbas habe das Gremium für die kommenden Tage in Kairo einberufen. "Die Palästinenser werden die Gespräche nicht platzen lassen" , schätzte Khaled Osaily, der Bürgermeister von Hebron, "aber wir sagen: Entweder Siedlungen oder Frieden - beides zusammen wird nicht gehen."

Am Sonntag ist ein Schiff mit jüdischen Aktivisten aus westlichen Ländern und Hilfsgütern von Zypern zu einer Fahrt in den Gazastreifen aufgebrochen. (Ben Segenreich aus Tel Aviv/DER STANDARD, Printausgabe, 27.09.2010)