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Der designierte neue HP-Vorstandschef: Leo Apotheker

Foto: MAL Langsdon / REUTERS

Der frühere SAP-Chef Leo Apotheker macht einen überraschenden Karrieresprung. Der Manager soll ab November den weltgrößten Computerhersteller Hewlett-Packard führen, wie das US-Unternehmen in der Nacht zum Freitag mitteilte. Apotheker folgt damit auf Mark Hurd, der Anfang August nach Vorwürfen der sexuellen Belästigung abgetreten war.

"SAP unterscheidet sich als Unternehmen stark von HP, das ist meine größte Sorge"

Die Berufung des bei SAP nach nur wenigen Monaten gescheiterten Apotheker an die HP-Spitze kommt unerwartet, da Übergangschefin Cathie Lesjak zuletzt noch signalisiert hatte, ihr Haus werde sich mit der Chefsuche Zeit lassen. Zudem hatten Branchenkenner eher darauf gesetzt, dass der US-Konzern einen internen Topmanager als neuen Chef seiner 300.000 Mitarbeiter benennt. Als aussichtsreiche Kandidaten hatten PC-Chef Todd Bradley und Firmenkundenchefin Ann Livermore gegolten, da bei HP mit Hurd und seiner Vorgängerin Carly Fiorina die letzten beiden von außen kommenden Führungskräfte ihre Karriere mit einem Skandal beendeten. Kreisen zufolge ist Apotheker nur dritte Wahl bei HP. Demnach hatte der Konzern das Amt bereits zwei IBM-Spitzenkräften angetragen, die allerdings ablehnten.

Unter Analysten sorgte Apothekers Berufung für Stirnrunzeln. "SAP unterscheidet sich als Unternehmen stark von HP, das ist meine größte Sorge", sagte Kim Caughy von Fort Pitt Capital. "Die Ausrichtung von SAP ist eine ganz andere, die Kunden sind ganz verschieden. Wie gut kennt sich der Neue mit Hardware aus? Das ist die Frage." Aktienhändler reagierten auf den Neuzugang mit Verkäufen: Die HP-Titel sanken nachbörslich um drei Prozent.

Bei SAP war Apotheker im Februar nach einem Dreivierteljahr allein an der Spitze überraschend vor die Tür gesetzt worden, nachdem er mit der forschen Einführung einer Wartungsgebühr viele Kunden verprellt hatte. Auch den Zorn von Großabnehmern wie Siemens hatte sich der studierte Wirtschaftswissenschaftler zugezogen.

Stellenabbau

In Amerika will der 57-Jährige, der bei den Walldorfern den ersten Stellenabbau der Unternehmensgeschichte durchgesetzt hatte, wieder ordentlich aufdrehen. "Man kann nie effizient genug sein, und bei HP werden wir das Thema Effizienz weiter vorantreiben", sagte Apotheker im Reuters-Interview. "Daneben werden wir unser Augenmerk auch weiterhin auf Wachstum richten. Wir werden sowohl das eine als auch das andere tun." HP setzte im vergangenen Jahr 130 Mrd. Dollar (95,3 Mrd. Euro) um.

Investoren zeigten sich besorgt darüber, dass Apotheker die Kluft zwischen HP und dem SAP-Erzivalen Oracle weiter vertiefen könnte. Der Computerbauer und der US-Softwarespezialist sind sich ohnehin nicht mehr grün, seit Oracle-Chef Larry Ellison HP wegen des Umgangs mit Ex-Chef Hurd öffentlich gerüffelt hatte und ihn nach der Entlassung schließlich in den Oracle-Verwaltungsrat berief. Mittlerweile klagt HP sogar gegen den Wechsel von Hurd zu Oracle.

Der vielsprachige und eloquente Apotheker reiht sich in eine Garde von Managern ein, die nach ihrem Scheitern in Deutschland in den Vereinigten Staaten eine zweite Karriere starteten. Prominentester Vorreiter ist der frühere Siemens-Chef Klaus Kleinfeld, der nach seinem Zerwürfnis mit dem Aufsichtsrat im Zusammenhang mit der Korruptionsaffäre beim Aluminiumriesen Alcoa anheuerte und den Konzern inzwischen führt. Die Taschen hatte er sich vorher noch mit mehreren Siemens-Mio. gefüllt, die die Münchener zahlten, damit Kleinfeld nicht zu einem direkten Konkurrenten wechselt. Ein anderes Beispiel für einen Neustart im Land der unbegrenzten Möglichkeiten ist der frühere Infineon-Manager Thomas Seifert. Als einer von zwei Vorständen hatte er die Speicherchiptochter Qimonda in die Pleite geführt. Nachdem der Insolvenzverwalter angetreten war, nahm Seifert seinen neuen Job als Finanzchef des kalifornischen Chipkonzerns AMD auf. (Reuters)

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