(Karibik. An Deck der Jacht "Felix Austria", auf dem mit Kreide ein vier mal drei Meter großes Rechteck eingezeichnet ist, die Kinder Grasser, Meinl fünf und Flöttl junior (männlich) sowie Bandion-Ortner (weiblich). Die Knaben laufen und springen übermütig innerhalb des Rechtecks herum und werfen dabei Bündel Euro- und Dollarscheine in die Luft oder über Bord. Bandion-Ortner sitzt auf dem Dach des Deckshauses und beobachtet sie aufmerksam. Aus dem Unterschiff hin und wieder Klopfzeichen. Vierzig Sekunden.)

BANDION-ORTNER: Staatsanwalt!

(Die Knaben erstarren, setzen oder legen sich so rasch wie möglich hin, pfeifen, bohren in Nasen oder Ohren oder tun, als ob sie schliefen. Zwanzig Sekunden.)

BANDION-ORTNER: Weisung erteilt!

(Die Knaben entspannen sich, stehen auf und spielen wie oben. Eine Minute.)

BANDION-ORTNER: Untersuchungsrichter!

(Die Knaben erstarren, werfen sich zu Boden und verhalten sich unauffällig wie oben. Zwanzig Sekunden.)

BANDION-ORTNER: Wegen Befangenheit abgelehnt!

(Die Knaben entspannen sich, stehen auf und spielen wie oben. Zehn Sekunden, dann:)

GRASSER: Übertreten! Der Meinl fünf hat übertreten!

MEINL FÜNF: Gar nicht!

GRASSER: Wohl!

MEINL FÜNF: Ich habe die Linie gar nicht berührt!

BANDION-ORTNER (streng): Keine Beeinflussung! Ich entscheide! Meinl fünf, übertreten! Herkommen, Fußfessel!

(Meinl fünf schleudert wütend ein Geldbündel ins Meer und geht zu ihr. Ein Band aus Swarovski-Steinen wird um sein Fußgelenk gebunden.)

FLÖTTL JUNIOR (höhnisch): Schaut super aus! Sicher urteuer. (Er springt noch übermütiger herum und versucht, mit Geldbündeln zu jonglieren. Die Bündel fallen ins Meer.)

BANDION-ORTNER (zu Meinl fünf): Du weißt, noch einmal übertreten, und du sitzt beim Elsner. (Die Klopfzeichen lauter.) Ruhe! (Wieder zu Meinl fünf:) Klar?

MEINL FÜNF: Klar.

(Er geht zurück zu den anderen. Sie spielen weiter. Vierzig Sekunden. Die Kajütentür knarrt.)

BANDION-ORTNER (erschrickt. Wild gestikulierend): Papa! Papa!

(Alle bleiben stehen und lassen die Geldbündel in ihrer Kleidung verschwinden. Die Tür wird geöffnet. Ein alter Herr erscheint.)

DIE KINDER (heiter): Hallo, Papa!

PAPA: Grüß euch, Kinder. Spielt ihr schön?

DIE KINDER: Jaa!

PAPA: Fein. Aber, sagt einmal... Wisst ihr vielleicht... Mir kommt vor, es fehlt Geld... Habt ihr eine Ahnung, wo es sein könnte?

BANDION-ORTNER (mit Rehaugen): Na, das hat doch der Elsner genommen! Deswegen haben wir ihn ja eingesperrt, weißt du nicht mehr? (Die Klopfzeichen lauter.) Kusch!

PAPA: Schon schon, ja... Aber mir kommt vor, es fehlt mehr.

(Die Kinder schweigen betreten. Zwölf Sekunden, dann:)

BANDION-ORTNER (in Tränen ausbrechend): Der Flöttl junior war's! Der Flöttl junior hat es verspekuliert!

MEINL FÜNF (zeigt auf Flöttl junior): Ja, genau, er war's!

PAPA (zu Flöttl junior): Stimmt das?

(Flöttl junior blickt hilfesuchend zu Grasser. Grasser bedeutet ihm zuzustimmen.)

FLÖTTL JUNIOR (nickt betreten)

PAPA (seufzt): Verspekuliert, soso... Schade drum... Aber, naja... Das ist höhere Gewalt, da kann man nichts machen... Also dann... Auf Wiedersehen, Kinder!

(Er verschwindet in der Kajüte. Die Kinder spielen weiter. Vorhang.)
(Antonio Fian / DER STANDARD, Printausgabe, 2./3.10.2010)