Wien - Medien-Staatssekretär Josef Ostermayer ortet "Handlungsbedarf" bei der Absicherung von Redaktionsgeheimnis und Pressefreiheit. Ostermayer sprach sich im Interview für eine möglichst breite Diskussion mit "allen Akteuren: Journalistenvertretern, Zeitungsherausgebern, ORF sowie privaten Radio- und Fernsehanbietern" aus. Ein Gespräch mit Justizministerin Claudia Bandion-Ortner findet dazu in dieser Woche statt. "Mein Ziel wäre, dass wir im Laufe des Jahres 2011 ein Ergebnis haben."

Anlass für die Debatte um Redaktionsgeheimnis und Pressefreiheit sind die jüngsten gerichtlichen Auseinandersetzungen um die Herausgabe von ORF-Recherchematerial einer "Am Schauplatz"-Reportage sowie die rechtlich nicht gedeckte Einvernahme von Magazin-Journalisten in der Causa Hypo Alpe Adria. Ostermayer geht es aber nicht darum, dass sich die Politik in Entscheidungen der Gerichte einmischt. Die Gewaltenteilung muss berücksichtigt werden. "Wenn eine rechtskräftige Entscheidung vorliegt, dann muss die natürlich auch für den ORF gelten." Ostermayer wies aber auch darauf hin, dass ein Sprecher des Oberlandesgerichts Wien festgestellt hat, "dass eine Nichtigkeit der OLG-Entscheidung im Fall ORF wegen Verwandtschaft von Beteiligten vorliegen könnte, das wird derzeit von der Generalprokuratur geprüft".

"Handlungsbedarf"

Aus den jüngsten Vorfällen leitet der Medien-Staatssekretär jedenfalls "Handlungsbedarf" ab. "Der frühere Sprecher des Justizministeriums und Mitverfasser des Mediengesetzes, Gerhard Litzka, hat zurecht darauf hingewiesen, dass sonst die Gefahr besteht, dass es eine Entscheidung gibt, auf die dann wieder eine Entscheidung folgt, die ein weiteres Stück nachgibt, und am Ende stehen wir vor der Gefahr, dass die Kontrollfunktion der Medien nicht mehr in dem Ausmaß gegeben ist." Ostermayer will die Umgehung des Redaktionsgeheimnisses deshalb künftig verhindern. Die Erweiterung der Aussageentschlagung auch für beschuldigte Medieninhaber sei dabei "wohl einer der Kernpunkte" in den Verhandlungen mit der Justizministerin.

Medienabgabe kein Thema

In Sachen ORF-Gesetz sieht der Medien-Staatssekretär unterdessen in nächster Zeit keinen Änderungsbedarf. Eine Umstellung der ORF-Gebühr auf eine generelle Medienabgabe für alle Haushalte nach deutschem Vorbild sei kein Thema. "Wir haben für die nächsten Jahre jetzt einmal die Gebührenrefundierung mit gewissen Auflagen vorgesehen. Es gibt derzeit also überhaupt keinen Handlungsbedarf. Es würde auch für viel Irritation sorgen, wenn wir nach intensiven eineinhalb Jahren Verhandlungen zum ORF-Gesetz schon wieder eine Diskussion starten würden. Das würde auch auf Ebene der Europäischen Kommission für Irritation sorgen." Ob die Medienabgabe nach Auslaufen der Gebührenrefundierung kommt, ließ Ostermayer offen. "Das wäre 2014. Das ist zu weit weg. Das ist in der nächsten Legislaturperiode, und ich weiß nicht, wie da die Machtverhältnisse sind, und ob ich da noch mitdiskutieren darf."

Auch bei der Größe des ORF-Stiftungsrats bzw. der ORF-Gremien bleibt es vorerst beim Status quo. Ostermayer: "Wir hatten den Plan, die Gremien, den Stiftungsrat zu verkleinern. Es hat sich aber gezeigt, dass wir da in der jetzigen politischen Konstellation zu keiner Einigung gekommen sind. Ich glaube es gibt aktuell keine Änderungen in dieser Meinungskonstellation, ich wäre dazu gesprächsbereit."

Keine "Zensurbehörde"

Hoch sind Ostermayers Erwartungen an die neue Medienbehörde, die mit 1. Oktober ihrer Arbeit aufgenommen hat. "Die Diskussion um eine unabhängige Medienbehörde gibt es seit 2001. Ich bin froh, dass wir das jetzt geschafft haben und wir fünf kompetente Behördenmitglieder ausgewählt haben, die im Hauptausschuss des Parlaments auch noch einstimmig bestätigt wurden. Das passiert nicht oft in Personalfragen." Die Kritik, dass hier eine "Zensurbehörde" in Richtung ORF entstehe, kann Ostermayer "überhaupt nicht" nachvollziehen. "Ganz im Gegenteil: durch die verfassungsrechtlich gesicherte Unabhängigkeit der Medienbehörde ist diese Gefahr sogar noch weiter weg".

Dass im ORF derzeit rund um die Postenbesetzungen in Fernsehen und Radio ein "rotes Wunschkonzert" läuft und ein "roter Masterplan" umgesetzt wird, wie dies zuletzt vor allem von der ÖVP behauptet wurde, weist Ostermayer zurück. "A: Es gibt keinen roten Masterplan. B: Wenn man von den manchmal getroffenen Zuordnungen der Personen ausgeht, würde man sehen, dass das schon gar nicht der Fall ist."

Presseförderung

In Sachen Reform der Presseförderung wartet man im Kanzleramt noch auf die Vorschläge der Zeitungsverleger. Bundeskanzler Werner Faymann (S) hatte im Frühjahr bei einer Klausur des Verbands Österreichischer Zeitungen erklärt, dass er sich ein "Pyramiden-Modell" vorstellen kann, bei dem die Gelder, die Regierung und Ministerien für öffentliche Kampagnen in Printmedien einsetzen, sowie die Förderungen aus der bestehenden Presseförderung in einen Topf geworfen werden und nach Standards wie Reichweite und Qualität neu verteilt werden. Faymann hatte die Verleger damals gebeten, ihm einen Vorschlag zu machen.

"Wenn wir es oktroyieren, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass es jemand als ungerecht empfindet, größer", erklärt Ostermayer diese Vorgangsweise. "Man kann auch den anderen Weg gehen und schauen, wie ist das international organisiert, oder externe Institutionen damit beauftragen, ein Konzept für eine bessere Organisation der Presseförderung zu erstellen. Wir haben jetzt einen anderen Weg gewählt und jetzt warte ich einmal geduldig. Wir haben die Info erhalten, dass im Herbst etwas von den Verlegern kommt." (APA)