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Ein Wahllokal in Bischkek.

Foto: APA/EPA/Kovalenko

Bischkek/Osch - Sechs Monate nach dem Sturz des autoritären Präsidenten Kurmanbek Bakijew hat Kirgistan ein neues Parlament gewählt. Entgegen allen Warnungen verlief die Wahl in dem zentralasiatischen Land ohne größere Zwischenfälle. Knapper Sieger ist nach einer Nachwahlbefragung jedoch ausgerechnet die Partei des pro-russischen Ex-Ministerpräsidenten Felix Kulow, der eine Rückkehr des gerade abgeschafften Präsidialsystems anstrebt.

Laut der Nachwahlbefragung der regionalen Informationsseite www.centrasia.ru vom Sonntagabend kommt Kulows Bewegung Ar-Namis auf 22,1 Prozent der Stimmen. Zweitstärkste Kraft ist demnach die Sozialdemokratische Partei mit 20,7 Prozent. Diese unterstützt ebenso wie die gemäßigt linke Partei Ata-Meken die Übergangsregierung unter Präsidentin Rosa Otunbajewa. Ata-Meken erreichte 5,8 Prozent und wurde damit fünftstärkste Kraft hinter der liberalen Partei Ak-Schumkar und der nationalistischen Ata-Schurt. Insgesamt wurden laut der Internetseite 1300 Wähler in den vier größten Städten des Landes befragt.

Die Parlamentswahl galt nach Bakijews Sturz und späteren blutigen Unruhen zwischen Kirgisen und der usbekischen Minderheit als wichtiger Test für das Land. Kandidaten aus insgesamt 29 Parteien stellten sich zur Wahl, doch konnte laut Meinungsumfragen nur ein halbes Dutzend mit einem Einzug ins Parlament rechnen. Nach Angaben der Wahlkommission lag die Beteiligung bei 54,46 Prozent. Erste Ergebnisse wurden für Montag erwartet.

Kulow hatte sich bereits nach Schließung der Wahllokale siegesgewiss gegeben. Sollte seine Partei gewinnen, werde er für den Posten des Ministerpräsidenten kandidieren, kündigte er an. Kulow war unter dem vor einem halben Jahr gestürzten Präsidenten Kurmanbek Bakijew Regierungschef, musste aber nach Flügelkämpfen innerhalb der damaligen Führung zurücktreten.

Kirgistan ist das einzige Land in der Region, das eine parlamentarische Demokratie anstrebt. Die USA unterstützen dies, Russland lehnt es ab; beide Länder unterhalten Militärstützpunkten in dem armen Land.

"Historischer Tag"

Übergangspräsidentin Otunbajewa sprach bei der Stimmabgabe von einem "historischen Tag" für ihr Land. Zuvor hatte sie in einer Fernsehansprache vor Versuchen gewarnt, das Land während und nach der Wahl zu destabilisieren. Befürchtungen, ein unklares Wahlergebnis könne zu Stillstand führen und eine Regierungsbildung unmöglich machen, versuchte Otunbajewa zu zerstreuen. Die Bildung einer Regierung sei möglich, "wenn nicht im ersten, dann im zweiten Anlauf."

Bakijew war im April in einem blutigen Umsturz entmachtet worden, in dessen Verlauf 87 Menschen starben. Zwei Monate später wurden bei blutigen Ausschreitungen zwischen Kirgisen und der usbekischen Minderheit Schätzungen zufolge bis zu 2000 Menschen getötet. Im Juni wurde eine neue Verfassung angenommen, die das seit der Unabhängigkeit im Jahr 1991 bestehende Präsidialsystem abschaffte und die Macht des Parlaments stärkte. (APA)