Bischkek - Nach der ersten freien Parlamentswahl in dem zentralasiatischen Land Kirgistan haben die fünf Parteien, die den Einzug ins Parlament bei der Wahl am Sonntag schafften, mit Gesprächen zur Bildung einer Regierung begonnen. Sechs Monate nach dem Sturz des autoritären Präsidenten Kurmanbek Bakijew soll eine neue demokratische Führung das verarmte Land an der Grenze zu China aus seiner schwersten Krise führen. Der russische Außenminister Sergej Lawrow sicherte der künftigen Regierung in Bischkek am Dienstag die Unterstützung Moskaus zu. Russland und die USA unterhalten in der Ex-Sowjetrepublik Militärbasen.

Stärkste Kraft bei der Wahl am Sonntag wurde die neue nationalistische Partei Ata-Dschurt (Vaterland). Die Beamtenpartei hatte sich als Opposition zur Übergangsregierung präsentiert. Ata-Dschurt-Führer Kamtschybek Taschijew wies Vorwürfe zurück, dass die Partei Bakijew aus seinem weißrussischen Exil zurückholen wolle. Außerdem sagte er, dass Ata-Dschurt bereit sei, sich im Sinne Russlands für einen Abzug der US-Truppen einzusetzen.

Lob der Wahlbeobachter

Nach den blutigen ethnischen Unruhen im Süden des Landes zwischen Kirgisen und Usbeken im Juni hatten Wahlbeobachter die Abstimmung über die insgesamt 29 Parteien als demokratisch gelobt. In Zentralasien gibt es sonst nur Diktaturen oder autoritäre Regime. Allerdings kündigten nun die Verlierer der Abstimmung erstmals auch Proteste gegen das Ergebnis an.

Beobachter erwarten dennoch, dass drei der fünf Parteien nun eine Regierung bilden. Dafür sind laut Verfassung höchstens 45 Tage vorgesehen. Möglich ist ein Kabinett unter Führung von Ata-Dschurt oder unter Leitung der am Sturz von Bakijew beteiligten Sozialdemokratischen Partei, die auf Platz zwei landete. Die neue Volksvertretung hat 120 Abgeordnete.

Ata-Dschurt kam nach Auszählung von 100 Prozent der Stimmen auf 28 Mandate (8,9 Prozent). Knapp dahinter landeten die Sozialdemokraten mit 26 Sitzen (8,0). Die eher linke Partei Ar-Namys (Würde) des pro- russischen Ex-Regierungschefs Felix Kulow kam auf Platz 3 mit 25 Sitzen (7,7). Die neue Partei Respublika des Öl-Unternehmers Omurbek Babanow erhielt 23 Mandate (7,2 Prozent). Und die alteingesessene linke Partei Ata-Meken (Heimat) mit vielen Bakijew-Gegnern belegte mit 18 Sitzen (5,6 Prozent) Platz fünf. . Die von der Wahlkommission bekannt gegebenen prozentualen Ergebnisse bezogen sich auf die Zahl der Wahlberechtigten, nicht wie üblich auf die Zahl der abgegebenen Stimmen.

Die Partei Respublika gilt als Zünglein an der Waage bei den Verhandlungen. Parteichef Babanow warnte vor nationalistischen Tendenzen und bot erstmals eine Zusammenarbeit mit den Sozialdemokraten an. Als Schlüsselaufgaben nannte der frühere Regierungsvize die wirtschaftliche Entwicklung und die Lösung des ethnischen Konfliktes im Süden des Landes. (APA/dpa)