Das Budget für 2011 sollte ab 22. Oktober im Nationalrat debattiert werden. Stattdessen wird schon seit Monaten in- und außerhalb des Parlaments diskutiert, ob die Regierung mit der Verschiebung in den Advent einen Bruch der Verfassung begeht, oder nicht. (Tendenz: eher schon.)

Jetzt ist die Wiener Wahl geschlagen, und Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) fasst sich ein Herz. Er will nicht nur ein Budget für 2011, sondern gleich ein solches für die nächsten drei Jahre auf die Beine stellen.

Abgesehen davon, dass die Opposition über Pröll herfällt wie kaum jemals zuvor ("Schummelminister", "Meister im Tarnen, Tricksen und Täuschen"), ist auch die Sinnhaftigkeit der Maßnahme zu hinterfragen. Steckt in der offiziellen Begründung der Regierung für den Aufschub - die unsichere makroökonomische Lage - nur ein Fünkchen Wahrheit, kann sich Pröll das Dreijahres-Budget spätestens im kommenden Herbst mit hoher Wahrscheinlichkeit einrexen.

Der Zeitpunkt für "Budget-Beschlüsse en gros" erscheint jetzt natürlich günstig. Im Frühjahr 2013 steht erst wieder die nächste Wahl auf dem Programm, nämlich die niederösterreichische Landtagswahl. Dort herrscht nicht nur der mächtigste Landeskaiser der ÖVP, sondern auch der Onkel des Finanzministers. Der will höchstwahrscheinlich noch einmal persönlich seine Absolute verteidigen. Inklusive Vorwahlkampf und -geplänkel kann man - umso mehr, als absolute Mehrheiten, wie man gerade in Wien gesehen hat, von der Bevölkerung nicht mehr so gern gesehen werden - wohl davon ausgehen, dass ab Herbst 2012 von der Bundes-ÖVP nichts mehr kommt, was die Wiederwahl-Chancen Prölls auch nur in irgendeiner Form erschweren könnte. Wären bis dahin also genau zwei Jahre Zeit.

Das ist gleichzeitig auch der Punkt, der gegen einen Dreijahresplan spricht. Warum jetzt schon alles vereinbaren, wenn ohnehin im nächsten Jahr Zeit genug für zwanglose Debatten aller Art bleibt?

Viel wichtiger ist etwas anderes. "Wir dürfen die Schuldenlast nicht auf unsere Kinder schieben, deshalb liegt der Schwerpunkt der Budgetkonsolidierung definitiv bei den Ausgaben", sagte Pröll am Dienstag. Dem ersten Teil des Satzes ist vorbehaltlos zuzustimmen, dem zweiten nicht. Denn einerseits ist die Budgetkonsolidierung natürlich auch überwiegend aus einer Erhöhung der Einnahmen denkbar - Stichworte Vermögens(zuwachs)steuer, Erbschaftssteuer, Einheitswerte.

Andererseits könnte die von Pröll angestrebte Aufteilung von 60 Prozent "Sparen" zu 40 Prozent Einnahmen aus neuen Steuern "toxisch" werden, wie das neuerdings heißt. Drastische Ausgabenkürzungen dämpfen die Nachfrage und würgen die Konjunktur gleich wieder ab. Freilich: Wahnsinnsprojekte wie der Koralm-Bahntunnel sollten eher heute als morgen gestoppt werden. Sinnvoller sind darüber hinaus aber wirksame Vermögenssteuern, ökologische Abgaben wie eine höhere MöSt, die spürbare Mehrbesteuerung von hohen Einkommen, die Abschaffung der Gruppenbesteuerung und/oder eine moderne, an die Finanzkrise angepasste Stiftungsbesteuerung.

Die jüngsten verbesserten Konjunkturprognosen von Wifo und IHS versprechen zwar erhebliche Mehreinnahmen, sind aber noch mit äußerster Vorsicht zu genießen. Ein verantwortungsvoller Finanzminister muss dies berücksichtigen und die Einnahmen vorsichtiger budgetieren. Alles, was dann zusätzlich ins Staatssäckel fließt, sollte - wie unter anderem von den Grünen gefordert - direkt in Universitäten, Schulen und Kindergärten fließen. Ausgaben für Bildung und Ausbildung, Forschung und Entwicklung sind direkte Investitionen in die Zukunft dieses Landes. Wer das nicht begreift, wälzt lieber keine Budgetpläne, die auch nur über den morgigen Tag hinausgehen. (derStandard.at, 12.10.2010)