"Sie versäumen nichts, Sie werden den Moment sehen!" , versicherte ORF-Moderator Stefan Gehrer in der Mittwochnacht gegen dreiviertel fünf Uhr früh bei der Live-Sondersendung zur Live-Rettung der 33 verschütteten Bergarbeiter in Chile. Und tatsächlich drang wenig später die Rettungskapsel mit dem erstgeborgenen Mann an die Oberfläche. Zehn Wochen war er mit seinen Kollegen im Unterirdischen eingesperrt, das Drama ist hinlänglich bekannt.

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In einer gigantischen medialen Vereinnahmung und Steuerung aus dem Oberirdischen versuchten Fernsehstationen weltweit seit Tagen daraus einen Reality-Thriller zu drehen. Zumindest scheint es so, als wäre die von der chilenischen Flagge umwehte Kamera am Höhlengrund eines der wichtigsten Rettungsutensilien gewesen. Die Eingesperrten werden zu Actionhelden; Realität und Drehbuch werden eins. Ideal für die Newsroom-Abteilungen, weil es die "ganz, ganz beeindruckenden Momente" (ORF-Korrespondent Tim Cupal vor Ort) frei Haus gab.

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Der ORF blieb dran und nutzte die zeitliche Vor- und dann doch wieder Rückverschiebung der Rettungsaktion für seine eigene Dramaturgie. Über die Stränge schlug der Sender dann aber mit der Live-Schaltung auf den Marktplatz von Lassing um 4.49 Uhr. Was wird um diese Zeit dort wohl los sein?

Im Dunkel der Nacht stand hier ein einsamer ORF-Reporter, spärlich vom grünen Licht eines Bankomaten beleuchtet, und bestätigte die Vermutung Gehrers, es gäbe wohl noch keine Kommentare der Bevölkerung, nonverbal mit Ja. Andererseits aber hatte genau in diesem Moment das verlassene Lassing seine größte Gemeinsamkeit mit der chilenischen Wüste von Atacama. (Margarete Affenzeller, DER STANDARD; Printausgabe, 14.10.2010)

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