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Nur wenige der fast 200 verschütteten Schüler im türkischen Bingöl konnten rasch gerettet werden

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Ein schweres Erdbeben erschütterte den Osten der Türkei

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Mindestens 150 Menschen kamen am Donnerstag durch ein schweres Erdbeben in der Osttürkei ums Leben. Die meisten Opfer sind Internatsschüler, aufgebrachte Eltern kritisierten, die Schule sei von einer korrupten Baufirma mangelhaft errichtet worden.

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Nach dem schweren Erdbeben in der Westtürkei vor knapp vier Jahren, kam es in der Nacht auf Donnerstag, diesmal im Osten des Landes, erneut zu einem schweren Erdstoß mit 6,4 Punkten auf der Richterskala. Nach offiziellen Angaben starben mindestens 84 Menschen, rund 400 wurden teils schwer verletzt geborgen. Im Bebengebiet war allerdings bereits von 150 Toten die Rede, die Anzahl der geborgenen Leichen stieg fast stündlich.

Das Bebenzentrum war die Stadt Bingöl im ostanatolischen Hochland, ein überwiegend von Kurden bewohntes Gebiet. In der Stadt stürzten einige Häuser und eine Moschee ein, die eigentliche Tragödie spielte sich aber in einem Vorort ab, rund acht Kilometer von Bingöl entfernt. Dort stürzte ein staatliches Internat zusammen und begrub 198 Schüler im Alter von sechs bis 14 Jahren in den Trümmern.

Im Licht von Scheinwerfern haben Rettungskräfte in der Nacht zum Freitag die Trümmer des Gebäudes im türkischen Bingöl durchsucht, unter denen noch etwa 100 Kinder vermutet werden. In dem einstmals vierstöckigen Gebäude sollen 198 Kinder gewesen sein, von denen nach Angaben der Rettungskräfte bis Donnerstagabend 80 lebend geborgen worden sind. 15 Kinder wurden tot gefunden.

Soldaten und Sanitäter hatten Mühe, die entsetzten und verzweifelten Eltern von den Trümmern fern zu halten, aus denen noch immer die Schreie und das Weinen verschütteter Kinder zu hören waren.

Rettende Schränke

Erschwert wurden die Rettungsarbeiten dadurch, dass die beiden Schlafsäle für die Kinder im Erdgeschoß waren. Mitglieder der Rettungsmannschaften sagten, nur einige Stahlschränke im Schlafsaal und in den Schulräumen hätten beim Einsturz Hohlräume geschaffen, in denen Kinder vorerst überlebt hätten.

Aus umliegenden Dörfern herbeigeeilte Eltern machten die Behörden in Bingöl dafür verantwortlich, dass der erst vor vier Jahren fertig gestellte Bau wie ein Kartenhaus eingefallen war. Tatsächlich wurde gegen die Baufirma Bozkus¸s In¸saat wegen Korruption ermittelt. Sie soll die erhaltenen Gelder teilweise nicht für den Bau verwendet haben.

Auch die meisten anderen eingestürzten Häuser sind öffentliche Bauten, was Kritiker ebenfalls auf ausgedehnte Korruption schließen lässt.

Aus Angst vor Nachbeben gingen viele Einwohner von Bingöl nicht mehr in ihre Häuser. 1971 starben in derselben Region 900 Menschen durch ein Erdbeben. (red/DER STANDARD, Printausgabe, 2.5.2003)