Wien - Das von Innenminister Ernst Strasser (V) vorgeschlagene neue Asylgesetz schneide Rechtsmittel und Berufungsmöglichkeiten ab, kritisierte Terezija Stoisits, Menschenrechtssprecherin der Grünen, am Donnerstag in einer Aussendung. Es sei "weniger rechtsstaatlich als das alte". Besonders kritisch sieht Stoisits die die Einführung des Neuerungsverbots, die Abschiebemöglichkeit innerhalb der Berufungsfrist und die Drittstaatenregelung. Stoisits erwartet sich zudem, dass Strasser Vertreter der kirchlichen und nicht-staatlichen Flüchtlings- und Betreuungsinstitutionen ernsthaft in die Beratung des Gesetzes einbezieht.

Die Einführung des Neuerungsverbots, das heißt, dass Asylgründe nur mehr in der ersten Instanz vorgebracht werden dürfen, sei inakzeptabel, so Stoisits. Nicht nur Folteropfer und Traumatisierte seien oft innerhalb der vorgesehenen Erstabklärungsfrist nicht in der Lage, ihre Fluchtgründe zu nennen. Allein die Erschöpfung nach einer anstrengenden Flucht könne bewirken, dass Asylsuchende außerstande sind, alle relevanten Gründe vorzubringen.

Mit der Einführung des Neuerungsverbots werde zudem die Berufungsinstanz UBAS (Unabhängiger Bundesasylsenat) weitgehend entmachtet. Bisher konnte der UBAS Fehler, die in der ersten Instanz passierten, durch eigene Recherche korrigieren. Nach Strassers Entwurf muss er sich in seiner Beurteilung auf die - oft fehlerhaften - Recherchen der ersten Instanz beschränken. "Gerade in Verbindung mit der Einführung der Schnellverfahren, die vermutlich noch fehleranfälliger sein werden als die bisherigen erstinstanzlichen Verfahren, ist daher das Neuerungsverbot abzulehnen", so Stoisits.

Kritik übte Stoisits auch an der geplanten Regelung, dass Asylwerber, die aus angeblich sicheren Drittstaaten kommen, überhaupt keine Chance auf Asyl mehr haben sollen. "Das Asylrecht ist nach Genfer Konvention ein Individualrecht. Mit der Festschreibung von sicheren Drittstaaten werden Menschen aus bestimmten Ländern pauschal aus dem Asylrecht ausgeschlossen, ohne dass ihre individuelle Situation geprüft wird. Das widerspricht der Genfer Konvention", so Stoisits.

Problematisch sei auch, dass bei vermeintlich "offensichtlich unbegründeten" Asylanträgen innerhalb der Berufungsfrist kein Abschiebeschutz mehr gelten soll. Wenn die Erstinstanz falsch oder fehlerhaft entschieden habe, würde der Flüchtling bereits wieder im Verfolgerstaat sitzen, obwohl der Berufung stattgegeben wurde.

Schließlich dürfe Strasser mit der Umsetzung des OGH-Urteils, wonach Asylwerber Anspruch auf Bundesbetreuung haben, nicht weiter zuwarten. "Die Aufhebung des Elends der heute nicht Betreuten darf nicht davon abhängig gemacht werden, ob Strasser sich mit den Bundesländern einigt", so Stoisits.(APA)