Innenminister Ernst Strasser will den Asylbereich völlig neu ordnen und hat dafür einen Gesetzesentwurf vorgelegt. Die Verfahren sollen beschleunigt werden, etwa durch Einschränkung der Berufungsmöglichkeit.

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Im kommenden Jahr soll der Asylbereich neu geordnet werden. Innenminister Ernst Strasser plant eine weit reichende Novelle des Asylgesetzes, die soeben in Begutachtung geschickt wurde. "Wir haben derzeit eine schlechte Organisation", sagt Strasser im STANDARD-Gespräch. Er spricht vom Missverhältnis von Asylwerbern, die nach unverhältnismäßig langen Verfahren Asyl erhalten, und Wirtschaftsflüchtlingen, die nach ebenfalls langen Verfahren abgelehnt werden. Strasser: "Es gibt zu viele aussichtslose Verfahren."

Was kommt, ist ein neues Zulassungsverfahren. Am Standort Traiskirchen und wahrscheinlich an einem zweiten Standort soll eine Erstabklärung aller Asylwerber stattfinden. Dieser Schritt soll binnen 48, höchstens aber 72 Stunden erfolgen. Es findet eine Fluchtgrunderhebung, eine Rechtsbetreuung, eine medizinische Untersuchung und eine Gepäckkontrolle statt. Zusätzlich werden Fingerabdrücke abgenommen und in einer europäischen Datenbank verglichen.

Wenn ein Asylgrund vorliegt, wird sofort Asyl erteilt. Wird der Antrag als unbegründet eingestuft oder ist ein anderer Staat zuständig, erfolgt die Ausweisung oder Überstellung. Dagegen ist ein Rechtsmittel zulässig. Sollten weitere Ermittlungen nötig sein, wird der Asylwerber einer Betreuungseinheit zugeteilt und ein Verfahren eingeleitet. Dieses Verfahren sollte maximal drei Monate dauern.

Betreuung wird ausgelagert

Die Betreuung von Asylwerbern wird bereits ab Juli an Private ausgelagert. Den Zuschlag hat die deutsche Firma European Homecare erhalten. In Traiskirchen gilt eine Obergrenze von 1000 Flüchtlingen. Strasser sieht vor, auch mit anderen privaten Anbietern Verträge abzuschließen. Bereits ab 2004 soll in Österreich die EU-Richtlinie umgesetzt werden, wonach alle Asylwerber Recht auf Versorgung und Unterbringung haben.

Neu ist eine "Mitwirkungspflicht" des Asylwerbers. Er muss verfügbar sein, sonst wird das Verfahren eingestellt. Das gilt auch für jene, die die Erstabklärungsstelle verlassen, solange keine Entscheidung getroffen ist. Mit der Asylgesetznovelle wird auch unbegründeten Kettenanträgen ein Riegel vorgeschoben. Bei einem negativen Bescheid wird ein neuerlicher Antrag nicht mehr zugelassen. Einmal abgelehnt ist abgelehnt. Eine Ausnahme kann nur dann gemacht werden, wenn der Asylwerber neue Gesichtspunkte einbringt.

Ein wesentlicher Schritt, um Asylverfahren zu verringern, ist die Einschränkung der Berufungsmöglichkeit. Strasser spricht von gängiger "Verschleppungstaktik", die zu unterbinden sei. Tatsachen, die bei Antragstellung in erster Instanz bereits bekannt waren, aber nicht geltend gemacht wurden, können in zweiter Instanz nicht mehr vorgebracht werden. Das Verfahren gilt damit als erledigt.

Drittstaatenliste

Neu ist eine Drittstaatenliste. Strasser setzt sich zwar für eine europäische Drittstaatenliste ein, sollte eine solche bis Jänner 2004 aber nicht vorliegen, will er selbst eine erstellen lassen. Selbstverständlich fänden sich auf dieser Liste alle EU-Mitgliedsstaaten. Wer Bürger eines dieser Staaten ist, in diesem aufhältig war oder aus diesem einreist, kann in Österreich keinen Asylantrag stellen. Strasser weist darauf hin, dass auf der deutschen Liste sicherer Drittstaaten auch afrikanische oder asiatische Länder angeführt sind.

Eine Neuerung sind Familienverfahren: Alle Anträge verschiedener Familienmitglieder werden in einem Verfahren beurteilt. Botschaftsverfahren, also die Möglichkeit, im Ausland in einer österreichischen Botschaft Asylanträge zu stellen, werden abgeschafft.

Der Entwurf ist derzeit in Begutachtung, Strasser rechnet mit Beschlussfassung im Parlament vor dem Sommer. 2004 soll das neue Gesetz in Kraft treten. Der Innenminister geht davon aus, dass die Zahl der Asylverfahren drastisch sinken wird. (Michael Völker, DER STANDARD, Printausgabe, 2.5.2003)