Die Noten der Rating-Agenturen

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Wien - Europas Manager geraten von den weltweit agierenden Bonitätswächtern Standard &Poor's (S & P), Moody's und Fitch zunehmend unter Druck. Immer mehr Unternehmen verlieren ihre guten Bonitätsnoten. Zuletzt stufte S &P den deutschen Stahlriesen ThyssenKrupp wegen der großen Lücken im Pensionssystem zurück. Der Aktienkurs brach ein, die Kredite verteuern sich nun. Die Kritik der betroffenen am Oligopol der Bonitätsbewerter fällt entsprechend scharf aus.

Durch die neuen Eigenkapitalregeln (Basel II) dringen solche Bewertungen auch in den heimischen Mittelstand vor, denn Banken benützen solche Ratingkataster auch für die Vergabe kleinerer Kredite - und deren Preis. Große Investoren, Investment- und Pensionsfonds dürften wiederum nur bis zu einer bestimmten Bonitätsnote in Unternehmensanteile investieren, Fondsgesellschaften gruppieren mittlerweile ganze Produktgruppen - etwa Anleihenfonds - um Ratingklassen.

Damit wächst das Unbehagen an der Dominanz der Ratingagenturen, die somit eigentlich das Szepter der Finanzmärkte in der Hand halten. Obwohl: Pleiten wie Enron und Worldcom oder der argentinische Staatsbankrott waren aus den Boitätsbewertungen nicht abzusehen.

Nun untersuchen die US-Börsenaufsicht SEC und auch der Kongress, wie es um Wettbewerb und Unabhängigkeit der Ratingagenturen bestellt ist. Eigentlich hätte bereits Ende März ein Bericht vorliegen sollen.

Experten sehen zwei prinzipielle Auswege: Einerseits könnte die SEC den Ratingagenturen striktere Auflagen und Kontrollen verordnen und zusätzliche Beratungsmandate - wie bei den Wirtschaftsprüfern nach den Bilanzskandalen geschehen - verbieten, und dazu mehr Wettbewerb fördern. Das ist in der Vergangenheit gescheitert, denn wann immer ein neuer Anbieter die Anforderungen erfüllt hatte, wurde er von den Großen geschluckt.

Andererseits könnten SEC und Kongress die Agenturen auch völlig aus der Regulierung entlassen und damit breiten Wettbewerb ermöglichen, gleichzeitig damit aber die Bedeutung von Bonitätsbewertungen schwächen. Dafür optiert eine Reihe britischer Marktexperten. Dass Investoren damit einer gewissen Schutzfunktion verlustig gingen, lassen sie nicht gelten. Schließlich sei auch eine Verordnung, dass Aktiensparer nur Aktien mit der Analystennote "Kaufen" erwerben dürften, kein Anlegerschutz. (DER STANDARD Print-Ausgabe, 2.5.2003)