Hans Schelkshorn lehrt Philosophie der katholisch-theologischen Fakultät der Universität Wien

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Der Wahlsieg der FPÖ bei den Wiener Gemeinderatswahlen hat auch in christlichen Kreisen, die sich seit vielen Jahren um Integration, eine humane Asylpolitik und sozialen Ausgleich engagieren, einen tiefen Schock ausgelöst. Vor diesem Hintergrund können die jüngsten Äußerungen des Wiener Dompfarrers, in der die Politik und Ideologie der FPÖ in provozierender Weise verharmlost und in naiver Offenheit für eine Koalition zwischen SPÖ und FPÖ geworben wird, nicht unwidersprochen bleiben. Den Ausländerwahlkampf der FPÖ als „Getöse“ abzutun und Strache als Kämpfer für die christliche Sache zu stilisieren, ist für säkulare Bürger und für demokratisch gesinnte Christen gleichermaßen ein Schlag ins Gesicht.

Politische Kommentare von kirchlichen Amtsträgern haben sich auf grundsatzpolitische Fragen, in denen Grundwerte zur Disposition stehen, zu beschränken. In diesem Feld hätten kirchliche Repräsentanten mehr als genug zu tun.

Im Zentrum der FPÖ steht, wie im Parteiprogramm nachzulesen ist, ein völkisch definiertes „Recht auf Heimat“, das den bestehenden Menschenrechtskatalog ergänzen soll. Dies würde jedoch den demokratischen Rechtsstaat durch ein faschistoides Element gleichsam von Innen her aushöhlen. Aus diesem Grund hatte schon Jörg Haider im Namen der „völkischen Heimat“ Verfassungsgerichtsurteile offen verhöhnt, eine strafrechtliche Verfolgung von „Österreich-Vernaderern“ gefordert, jüdische Mitbürger und avantgardistische Künstler auf Plakaten als Feinde der Nation an den Pranger gestellt. Unter Jörg Haider entstanden bereits Allianzen zu antimodernistischen katholischen Kreisen um Bischof Krenn. Im letzten Jahrzehnt hat sich die Verteidigung der völkischen Reinheit auf den “Kampf gegen den Islam“ verlagert. Die Hetze gegen „den“ Islam öffnet, wie nun sichtbar wird, die Türen auch zu moderaten kirchlichen Gruppierungen.

Die Äußerungen des Wiener Dompfarrers mögen eine Episode der österreichischen Medienwelt sein. Episoden können aber auch eine gefährliche Signalwirkung haben. In einer Zeit, in der demokratische Rechtsstaaten europaweit durch einen Vormarsch faschistoider und auch offen faschistischer Bewegungen bedroht sind, sind Christen zu einer wachsamen Verteidigung demokratischer Werte aufgerufen.

Angesichts der historischen Last des politischen Katholizismus und der Verstrickungen in der NS-Zeit hat die österreichische Kirche eine besondere Verantwortung im Umgang mit Parteien der Neuen Rechten, um nicht noch einmal am Niedergang demokratischer Rechtsordnungen mitschuldig zu werden. (Hans Schelkshorn, derStandard.at, 15.10.2010)