Peter Krotky, Michaela Wein, Martin Aschauer, Martin Blumenau und Michaela Adelberger (v.l.n.r.) wurden sich nicht einig, was ein freies Medium ausmacht.

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Der Medienverband lud am Freitag zum zweiten "Tag der Freien Medien" ins Museumsquartier in Wien und Vertreter einer breiten Palette von Print- und Onlinemedien erschienen. Doch einige geladene und ungeladene Gäste blieben der Veranstaltung fern und äußerten im Vorfeld in einem offenen Brief Kritik an der Veranstaltung. Bei der Podiumsdiskussion zeigte sich, dass die Kritik durchaus wunde Punkte traf.

Museumsquartier statt Fluc, unausgeglichenes Geschlechterverhältnis auf dem Podium und lediglich eine Vertreterin eines Mediums, das dem Namen der Veranstaltung gerecht wird, das waren einige der Kritikpunkte, die im Brief zur Sprache kamen. Vor allem aber der unklare Begriff, was denn nun ein "freies Medium" ist, wurde vom Podium, und dort allen voran von Martin Blumenau (FM4), aufgegriffen: "Rauft euch zusammen und macht eine wasserdichte Definition was ein 'freies Medium' ist, anstatt euch auf den anderen Schwachsinn zu konzentrieren, der da drin steht", formulierte Blumenau seinen Appell an den Medienverband in Bezug auf den Brief.

Fehlende Definition als Problem

Er führte aus, dass außerhalb von Österreich dieser Begriff ohnehin nicht bekannt sei und vor allem in Printbereich - im Gegensatz zu den freien Radios - nicht existiere. An einer fehlenden Definition könnte der Medienverband scheitern, meinte er. Schon vor Jahrzehnten seien ähnliche Bestrebungen einer gemeinsamen Interessensvertretung von alternativen Medien deshalb gescheitert.

Weder Michaela Wein, Chefredakteurin von mokant.at und Vorstandsmitglied des Medienverbandes, noch Moderator Martin Aschauer, Präsident des Medienverbandes, konnten dem eine Definition entgegensetzten, die die restlichen Podiumsteilnehmer überzeugte.

Nicht kommerziell und partizipativ

Sowohl Wein als auch Aschauer bezogen sich vor allem auf den partizipatorischen, nicht-kommerziellen Charakter. Zur finanziellen Situation meinte Wein: "Über 1.000 Euro im Jahr wäre ich froh." Sie sieht so genannte freie Medien vor allem als "Gegengewicht zum Einheitsbrei" der kommerziellen Medien. Das Etikett "freies Medium", sei für mokant.at aber gar nicht so wichtig. Die Tageszeitung "Presse", auf deren Titelseite der Schriftzug "Frei seit 1848" prangt, sei mit einer solchen Bezeichnung jedenfalls nicht gemeint.

Selbstausbeutung als Definitionskriterium

Peter Krotky, Onlinechef der "Presse", machte professionelle Medien als Gegenpol zu den freien Medien aus und sieht den wesentlichen Unterschied in der Bezahlung. Freie Medien würden auf Selbstausbeutung beruhen. "Da nähern wir uns aber an", so Krotky, der es jedoch für "zutiefst unanständig" und "indiskutabel" hält, Praktikanten über ein Jahr zu beschäftigen oder erst gar nicht zu bezahlen. Freie Medien sieht er als Bereicherung, nicht zuletzt deshalb, da viele Journalisten dort ihre ersten Gehversuche machen.

Journalistische Qualität kein Unterscheidungsmerkmal

Was die journalistische Qualität anbelangt, sieht Krotky keine Unterschiede zwischen Beiträgen in freien Medien wie "Zeit im Blog" und dem Medium, das er vertritt. Als großer Unterschied hingegen wurde die vom Medienverband kritisierte Förderstruktur ausgemacht. "Ich bin selbst gegen die Presseförderung, die wir kassieren", entgegnete Krotky. "Die beste Förderung ist, wenn Menschen für ein Produkt bezahlen. Wer Medienvielfalt haben will, der kann am Kiosk dafür bezahlen. Man sollte nicht immer nach Vater Staat rufen." Online sieht er jedoch wegen der mangelnden Zahlungsfreudigkeit auch künftig ein deutlich geringeres journalistisch-professionelles Angebot - "mit allen Problemen für Gesellschaft und Demokratie".

Ungleiche Föderstruktur

Was die Förderstruktur anbelangte, fehlte aber ein wichtiger Ansprechpartner. Medienstaatssekretär Josef Ostermayer musste im Vorfeld seine Teilnahme an der Diskussion absagen, da ihn Bundeskanzler Faymann zu Budgetverhandlungen zitierte. Auch Corinna Milborn, ursprünglich als Moderatorin vorgesehen, war krank und musste absagen. Als Ersatz für Ostermayer fungierte Michaela Adelberger, Geschäftsführerin des "Verband Freier Radios Österreich". Adelberger sieht als größten Vorteil von freien Medien und insbesondere freien Radios, die Möglichkeit, den Menschen, die sonst nicht gehört werden, eine Stimme zu geben.

Am Ende der Diskussion musste aber auch Aschauer einsehen, dass man sich über nicht viel einig geworden war, was freie Medien nun wirklich sind. Einig war man sich schließlich nur darüber, dass diese nicht profitorientiert agieren. Angesichts der Vielfalt der vertretenen Medien, die sich im Vorfeld der Diskussion vorstellen konnten, waren Gemeinsamkeiten auch schwer auszumachen. Schließlich reichte das Spektrum von der Straßenzeitung "Augustin" über die Musikzeitschrift "skug" bis hin zu Onlineplattformen wie "das Denkfabrikat". (Michael Kremmel/derStandard.at, 16.10.2010)

P.S.: Der Medienverband veröffentlichte am Montag eine Antwort auf den offenen Brief, sie ist hier nachzulesen.