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Das Loch unter der Koralm bleibt umstritten. Die Zeit drängt. Ende Oktober muss die ÖBB über die Vergabe des wichtigsten Bauloses Kat2 entscheiden. Dann gibt es kein Zurück mehr.

Foto: Reuters

Wien - Auf der Suche nach Milliarden für die Budgetkonsolidierung greift Wifo-Chef Karl Aiginger ein seit Jahren kochendes Thema auf: "Der Koralmtunnel wird nie rentabel zu betreiben sein, daher dürfte die ÖBB die auf zehn Milliarden Euro geschätzten Baukosten gar nicht investieren."

Dass bereits 1,2 Milliarden Euro in den Ausbau der Koralmbahn investiert wurden und kein Zurück mehr möglich sei, wie Tunnelbefürworter betonen, sei kein Grund, an dem verkehrswirtschaftlich fragwürdigen Projekt festzuhalten, sagte Aiginger in der ORF-Pressestunde. Im Gegenteil. "Wenn die Schnellzugverbindung zwischen der zweit- und drittgrößten Stadt in Österreich, Graz und Linz über Selzthal, mangels Frequenz am 12. Dezember eingestellt wird, rechnet sich die Verbindung Graz-Klagenfurt nie."

Zudem ließen sich die Qualitätsprobleme auf der Südbahn durch den Koralmtunnel auch nicht lösen. "Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende", warnte Aiginger mit Blick auf die anlaufenden Budgetverhandlungen. Er zählte sogleich sinnvolle Verwendungsmöglichkeiten des für den "schwarz-blauen Gedächtnisstollen" reservierten Geldes auf: "Der Koralmtunnel kostet so viel wie zehn Jahre höhere Bildungsausgaben."

"Bruder Leichtsinn"

Stichwort Ausgabensenkung: Angesichts des steigenden Wirtschaftswachstums warnt der Wifo-Chef vor "Bruder Leichtsinn" und plädiert für eine primär ausgabenseitige Budgetkonsolidierung. Aus dem Pensionssystem müssten Kostentreiber wie die "Hacklerregelung" dringend, am besten ab 2013, entfernt werden. Bei höheren Pensionen (ab 2000 Euro monatlich) sollte die Pensionserhöhung unter der Inflationsrate bleiben. Die Landesbeamten sollten der Pensionsregelung des Bundes unterworfen werden, die Invaliditätspensionen könnten durch Umschulungen für Arbeitnehmer zurückgedrängt werden.

"Unfair, chaotisch und ungerecht" nannte Aiginger das derzeitige Abgabensystem, allen voran Grundsteuer und Einheitswerte, aber auch, dass Sparbuchgewinne besteuert würden, Aktiengewinne hingegen nur im ersten Jahr. Höhere Steuern befürwortet Aiginger nur, wenn sie eine "doppelte Dividende" bringen, also auch Ungerechtigkeit beseitigt wird: Das gelte für Tabaksteuer und Mineralölsteuer. Letztere müsste aber durch höhere Pendlerpauschalen für Niedrigeinkommen kompensiert werden, die wiederum an Jahreskarten für Öffis gekoppelt sein sollten. Die 13. Familienbeihilfe würde er in einen Fixbetrag umwandeln, die Begünstigung der fünften bis zehnten Überstunde könne gestrichen werden. Aber: "Wenn in Bildung und Forschung nicht investiert wird, verpufft die Hälfte des Aufschwungs." (ung, DER STANDARD, Printausgabe, 18.10.2010)