"Es sind schon deutlich mehr Deutsche Studenten in Innsbruck als früher, aber sie haben auch das Recht hier zu sein", meint Mineralogie-Student Markus (re.).

Foto: Willi Kozanek

Am 27. Juni 2010 waren in Innsbruck auffallend viele englische Fahnen zu sehen. Am 03. Juli 2010 argentinische, vier Tage später spanische und am 10. Juli 2010 uruguayische. An diesen vier Tagen der Fußballweltmeisterschaft in Südafrika spielte die deutsche Nationalmannschaft ihre Qualifikationsspiele gegen Vertreter der erwähnten Nationen aus. Viele deutsche Studenten wunderten sich über das Aufkommen dieser Fahnen, sind Touristen aus Argentinien oder Uruguay doch nicht zu zahlreich in den Tiroler Bergen zugegen.

Kein deutsches Fahnenmeer unter Tirolern

Das Fahnenmeer und die durch sie hervorgerufenen Reaktionen sind typisch für das Verhältnis der Deutschen und der Österreicher in Innsbruck. Einerseits sind viele Tiroler besorgt über den Ansturm deutscher Studenten in Innsbruck. Andererseits "integriert" sich diese Gruppe aber - trotz einiger deutscher Studenten, die vorwiegend bis ausschließlich unter ihren Landsmännern und -frauen bleiben - am leichtesten in die tirolerische Studentengesellschaft. Viele österreichische Studenten, die alleine nach Innsbruck kamen, empfinden deutsche Studenten außerdem als sehr offen, da sie selber das Gefühl kennen neu in der (Landeshaupt)Stadt zu sein und über neue Kontakte erfreut sind.

Die Bayern sind ok

Martin, Geologie-Doktorand aus Bayern, versteht manche Tiroler. Der 28-jährige gibt ganz offen zu, dass es Partys gibt auf denen nur Deutsche sind und dass die deutschen Studenten viel präsenter im Alltag sind als noch vor einigen Jahren. Er spürt aber auch eine "latente Deutschlandfeindlichkeit, die allerdings eher auf der Schmähebene verläuft". Ein paar Mal bekam er gesagt, dass "wir die Bayern eh gern mögen, nur die Deutschen nicht so".

Die Numerus-Clausus-Flüchtlinge

Im Allgemeinen wird angenommen, dass diejenigen deutschen Studenten nach Tirol kommen, die wegen des Numerus Clausus nicht in eine deutsche Universität aufgenommen wurden. Das zweite oft angeführte Argument ist die Attraktivität des gebührenfreien Studiums. An bayerischen Universitäten zum Beispiel werden Studiengebühren von 300 bis 500 Euro pro Semester eingehoben. Im Sommersemester 2010 studierten in Innsbruck insgesamt etwa 24.000 Studenten. Von diesen hatten 2994, also ungefähr 12,5 Prozent, die deutsche Staatsbürgerschaft. Bei den 719 neuzugelassenen Studenten waren 362 Österreicher und 158 Deutsche.

Tirol ist nicht Mallorca

Einige Tiroler machen den Ansturm der Deutschen für einen Qualitätsrückgang der Universität Innsbruck verantwortlich. Ihrer Meinung nach gibt es zu viele Studenten aus Deutschland, die die innsbruckerischen Hörsäle überfüllen und für schlechte Betreuungsverhältnisse verantwortlich sind. Ein weiterer Vorwurf sind die "Mallorca-Zustände" an den Computern in der Universitätsbibliothek. Angeblich sind es vor allem deutsche Studenten, die sich in aller Früh einen Stuhl von Freunden reservieren lassen, den sie auch dann nicht aufgeben, wenn sie zu Mittag essen gehen. Für Markus (26) und Niklas (23) aus  Südtirol sind solche Aussagen nur schwer nachvollziehbar. Sie bestätigen zwar, dass es in Innsbruck sehr viel mehr deutsche Studenten gibt als noch zu Zeiten ihres Studienbeginns, sie machen aber die aus Bayern kommenden Studierenden nicht für die Probleme an der Universität Innsbruck verantwortlich. "Sie haben das Recht in der EU, also bei uns, zu studieren. Wir haben genauso das Recht in Deutschland zu studieren", meint Markus, der in Innsbruck Mineralogie studiert.

Fußball-Neid?

Für Geologie-Doktorand Martin sind die Spannungen zwischen österreichischen und deutschen Studenten eher auf sportlicher Ebene anzusiedeln. Schmunzelnd meint er aber, dass die Österreicher doch anerkennen könnten, dass die Deutschen mit einem sehr jungen Team eine mehr als ansprechende Leistung in Südafrika gezeigt haben.