Wien - Eine Regierungszusammenarbeit mit einem kleinen Partner hat es für die SPÖ in Wien bereits von 1996 bis 2001 gegeben - damals hieß der Partner ÖVP. Wobei es sich genaugenommen um keine Premiere handelte: Denn der Volkspartei wurden von 1945 bis 1973 freiwillig amtsführende Regierungsämter zugestanden, obwohl das rote Wien noch über eine bequeme Mehrheit verfügte. Diese war nach massiven Zuwächsen der FPÖ beim Urnengang 1996 vorübergehend Geschichte. Und so stellte die ÖVP bis zur Wahl im Jahr 2001 zwei Stadträte.
Am 29. November 1996 wurde im Gemeinderat der damalige ÖVP-Chef Bernhard Görg zum Stadtrat für "Planung und Zukunft" gewählt. Was bedeutete: Das "alte", zuvor von Hannes Swoboda gehaltene Planungsressort wurde unter anderem um die Agenden Straßenbau und Forschung erweitert. Görg durfte sich zudem mit dem Titel des Vizebürgermeisters schmücken.
"Zwangskoalition"
Der zweite Regierungsposten der ÖVP, jener des Kulturressortchefs, ging an Peter Marboe. Auch das honorige Amt des Landtagspräsidenten wurde der Volkspartei in den Koalitionsverhandlungen zugestanden. Bekleidet wurde es von Maria Hampel-Fuchs, die zuvor viele Jahre lang als nicht amtsführende ÖVP-Stadträtin dem Stadtsenat angehörte.
Die "Zwangskoalition", wie sie jedenfalls zu Beginn von manchen genannt wurde, erlebte zugleich einen turbulenten Start. Der Streit entzündete sich anhand unterschiedlicher Auffassungen bei der Privatisierung der Bank Austria. Prompt kam es zu einer Spontankoalition SPÖ-Grüne bei einer Gemeinderatssitzung - und zu anschließenden Beteuerungen, dass die Regierungszusammenarbeit nicht in Gefahr sei.
Reibereien um 1. Mai
Tatsächlich verlief diese relativ reibungslos, wenn auch noch eine weitere Ausnahme zu erwähnen ist. 1997 gab es monatelang heftige Debatten um eine geplante Revolution: Die öffentlichen Verkehrsmittel sollten künftig auch am Vormittag des 1. Mai unterwegs sein - lautete der Wunsch von FPÖ, Grünen und LIF, aber auch des Juniorpartners ÖVP. Die SPÖ konnte sich letztendlich nicht gegen das Vorhaben wehren.
Das Wiedererringen der absoluten Mandatsmehrheit 2001 brachte - wenig überraschend - das Aus für die rot-schwarze Polit-Ehe. Zwar boten ÖVP-Granden am Wahlabend eine weitere Zusammenarbeit an, die SPÖ lehnte jedoch dankend ab.
Peter Marboe durfte sich Jahre später aber zumindest über einen wichtigen Vertrauensbeweis freuen: Er wurde von seinem Nachfolger im Amt, Andreas Mailath-Pokorny, zum Intendanten des Wiener Mozartjahres 2006 ernannt. Bernhard Görg ist bis heute Vizepräsident des Wiener Wissenschafts-, Forschungs- und Technologiefonds WWTF. (APA)