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Manch Immowerte wurde durch die Krise zur Ruine.

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Gernot Jany, Erste Group Analyst CEE Real Estate: "Die meisten Unternehmen haben relativ schnell auf die sich ändernden Marktbedingungen reagiert."

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Nach der Krise stehen die Zeichen in den heimischen Immobilienfirmen auf Erholung. Was das für Anleger bedeutet, erklärt Gernot Jany, Erste Group Analyst CEE Real Estate, im Interview mit derStandard.at.

derStandard.at: Derzeit geht es den Anlegern vor allem um Sicherheit. Gerade hier haben Immobilienwerte in jüngerer Vergangenheit ziemlich ausgelassen. Ist eine generelle Trendumkehr zu spüren?

Gernot Jany: Die aktuelle Krise hat sicher sehr viele Privatanleger verunsichert und die Nachfrage nach sicheren Investments erhöht. Das sichere Investment schlechthin gibt es jedoch nicht, da alle Anlageklassen Preisschwankungen unterliegen. Deshalb sollte ein um Sicherheit bemühter Anleger sein Kapital möglichst breit streuen, wobei bei der Auswahl und Gewichtung der einzelnen Anlageklassen der zur Verfügung stehende Zeithorizont und die allgemeine Risikobereitschaft nicht außer Acht gelassen werden dürfen. Wie die jüngste Vergangenheit deutlich gezeigt hat, können auch Häuserpreise fallen und sogar die Kurse von Staatsanleihen unterliegen Schwankungen. Beim Engagement in Immobilientitel handelt es sich um ein klassisches Aktieninvestment, welches naturgemäß höheren Schwankungen ausgesetzt ist als ein direktes Investment in Immobilien.

derStandard.at: Gerade jetzt investieren die Menschen verstärkt in reale Immobilien. Könnte dieser Umstand dazu führen, dass Immobilienwerte durch die Finger schauen?

Gernot Jany: Es ist weder ungewöhnlich noch neu, dass Anleger nach einer Periode erhöhter Volatilität auf der Suche nach einem sicheren Hafen verstärkt in Anlageklassen wie Staatsanleihen, Immobilien und Edelmetalle investieren. Das direkte Investment in Immobilien steht unserer Meinung nach nur in einem geringen Ausmaß in direkter Konkurrenz zu einem Engagement in Immobilienaktien, da es sich eigentlich um eine andere Anlageklasse handelt. Ein nicht zu vernachlässigender Vorteil von Immobilienaktien gegenüber offenen Immobilienfonds liegt in der höheren Liquidität. Zusätzlich notieren insbesondere die österreichischen Immobilienaktien derzeit nach wie vor deutlich unter ihrem inneren Wert, die offenen Immobilienfonds hingegen zum inneren Wert.

derStandard.at: Immer wieder kommt es zu Negativ-Meldungen über den Bankensektor. Bemerken Sie, dass das Interesse an Immobilienwerten nach solchen Hiobsbotschaften höher als sonst ist?

Gernot Jany: Die Dichte an negativen News aus dem Bankensektor hat in den letzten Monaten deutlich abgenommen. Wir gehen davon aus, dass die Branche das Gröbste hinter sich hat und in ruhigeres Fahrwasser kommen sollte, wobei externe Schocks im derzeitigen Umfeld nicht völlig ausgeschlossen werden können. Negative Nachrichten aus dem Finanzsektor beziehungsweise von konjunktureller Seite führen zwar einerseits zu einer verstärkten Nachfrage nach sicheren Investments wie Wohnimmobilien, wirken jedoch andererseits negativ auf Immobilienaktien, da diese Gesellschaften zu einem wesentlichen Teil im konjunktursensitiveren Gewerbeimmobiliensegment investiert sind.

derStandard.at: Einige heimische Immobilienunternehmen wie Immofinanz, Conwert oder Atrium gehen geschwächt aus der Krise hervor – mit ihnen natürlich auch die Anleger. Jetzt scheint es wieder bergauf zu gehen. Haben diese Firmen die richtigen Schlüsse gezogen, ist ihnen wieder zu trauen?

Gernot Jany: Der konjunkturelle Abschwung in Europa kam, da es sich um einen in den USA ausgelösten externen Schock handelte, für die meisten Immobilienunternehmen überraschend und traf sie großteils unvorbereitet. Nichtsdestotrotz haben die meisten Unternehmen relativ schnell auf die sich ändernden Marktbedingungen reagiert und einen wesentlichen Teil der Entwicklungsprojekte gestoppt, ihre Kostenstruktur angepasst und ihre Finanzierungsstruktur verändert. Die sukzessive Reaktivierung der gestoppten Entwicklungsprojekte ist in Abhängigkeit zur Nachfrage und damit zur konjunkturellen Erholung in den einzelnen Ländern zu sehen.

derStandard.at: Vor der Krise haben sich die heimischen Immobilienfirmen stark bei den östlichen Nachbarn engagiert. Wie sieht die Situation zwei Jahre später aus?

Gernot Jany: Das Engagement der österreichischen Immobiliengesellschaften in der CEE Region blieb relativ stabil, dass heißt es gab weder Zukäufe noch Verkäufe im großen Stil. Der Transaktionsmarkt in der CEE Region kam während der Krise nahezu zum Erliegen, die Lage hat sich jedoch in den letzten Monaten zum Besseren gewendet. Das Interesse der Investoren bleibt jedoch auf Immobilien in guter Lage, hohem Vermietungsgrad, mit lang laufenden Verträgen etc. beschränkt. Der regionale Fokus liegt hierbei nach wie vor auf Prag, Warschau und Moskau. Transaktionen in Südosteuropa und in der Ukraine sind noch sehr rar.

derStandard.at: Ein zweiter Blick zu den Nachbarn, zum Beispiel in die slowakische Hauptstadt Bratislava: Unter den dort leer stehenden Immobilien sind auch solche, die unter österreichischer Beteiligung entstanden sind. Wie geht es weiter? Ist noch Potenzial zur Wertsteigerung vorhanden?

Gernot Jany: Die Leerstandsraten sind aufgrund des nachfrageseitigen Einbruchs während der Krise relativ stark angestiegen, weisen jedoch in einzelnen Märkten bereits wieder fallende Tendenzen auf. Der CEE-Durchschnitt liegt bei 15,5 Prozent, in Bratislava kletterte die Leerstandsrate im Büroimmobilienmarkt auf 14 Prozent. Aufgrund des Angebotüberhangs ist davon auszugehen, dass sich diese in den nächsten sechs bis zwölf Monaten weiter erhöhen wird. Mit dem bereits einsetzenden wirtschaftlichen Aufschwung und der deutlich verringerten Entwicklungstätigkeit sollten sich die Leerstandsraten in den nächsten Jahren jedoch wieder normalisieren, was auch stabilisierend auf die Mietpreise und somit auf die Immobilienpreise wirken sollte. (Maria Kapeller, derStandard.at)