Wien - Heftige Kritik am Vorgehen der Regierung bei der Pensionsreform kommt vom Zweiten Nationalratspräsidenten Heinz Fischer (S). Die "Deckelungen" seien "Ausdruck des schlechten Gewissens", würden das System aber nicht gerechter machen. "Und dass es sich um ein Geldbeschaffungsprogramm zur Finanzierung der nächsten Budgets handelt, geht ja auch daraus hervor, dass die Pensionsreform in ein so genanntes Budgetbegleitgesetz hineingesteckt wird", meinte Fischer bei einer Pressekonferenz am Freitag.

Keine Basis für eine sachliche Behandlung der Materie

"Was hat eine Pensionsreform, die das Pensionssystem in den nächsten 30 Jahren umkrempeln soll, in einem Budgetbegleitgesetz für 2003/2004 verloren?", so Fischer. Und nachdem das knapp bemessene Begutachtungsverfahren aus Sicht der Regierung nur ein Formalakt gewesen sei, gebe es nun auch keine Basis für eine sachliche Behandlung der Materie im Parlament. Für das über 700-seitige Budgetbegleitgesetz seien nämlich nur acht Stunden Diskussion vorgesehen.

"Wenn jedes Mitglied des Budgetausschusses zu jeder der 91 Gesetzesmaterien im Budgetbegleitgesetz kurz Stellung nimmt, dann entfallen auf jede Gesetzesmaterie genau zwölf Sekunden", rechnete Fischer vor. Selbst wenn nur die wichtigsten Teilgesetze - Pensionsreform, Abfangjäger, Selbstbehalte und Steuerreform - diskutiert würden, bleiben laut Fischer pro Ausschuss-Mitglied und Thema nur mehr rund viereinhalb Minuten Zeit zur Debatte.

Gesetzescontainer werde durch das Parlament durchgejagt

"Die Art, wie dieser Gesetzescontainer jetzt durch das Parlament durchgejagt werden soll, macht die Ankündigung einer gründlichen, fairen, sorgfältigen parlamentarischen Beratung der einzelnen Materie zum blanken Hohn", kritisierte Fischer. Er appelliert deshalb an Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, das Verhandlungs-Angebot der Sozialpartner anzunehmen sowie die Pensionsreform im Sozialausschuss des Parlaments behandeln zu lassen.

Ähnlich wie die Pensionsreform am Sozialausschuss werde auch die Abfangjägerbeschaffung am Verteidigungsausschuss "vorbeidirigiert". Laut Fischer wäre es durchaus noch möglich, diese Gesetzesmaterien in den zuständigen Ausschüssen zu behandeln. Aber: "Es würde einen gemeinsamen Willen zu einer fairen parlamentarischen Behandlung erfordern", so Fischer. Insgesamt sieht er die Pensionsreform als inakzeptables "Pensionskürzungsprogramm". (APA)