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Mehr Supervision für Ärzte und Pflegepersonal könnte die Burn-Out-Rate senken und beim Durchleuchten der Strukturen helfen

Foto: APA/Schlager

Das Sparkorsett der Krankenhäuser wird immer enger, ansonsten bleibt die Situation für das Pflegepersonal wie gehabt. "Der Druck ist enorm", so Elisabeth Marcher vom Gesundheits- und Krankenpflegerverband (ÖGKV). Und man beschäftige sich "mit den unangenehmen Dingen des Lebens - mit Schmerz, Krankheit, Alter und Tod". Eine Möglichkeit, dem Burnout zu entgehen, ist Supervision, die nebenbei auch der Weiterbildung dient und strukturelle Probleme aufdecken hilft.

Für den Gesundheitsbereich "entdeckt" wurde die berufsbezogene Selbstreflexion 1989 - nach den Morden von Lainz. Seit 1993 sind die österreichischen Krankenhäuser gesetzlich verpflichtet, Supervision zu ermöglichen, sie tragen auch die Kosten. Doch besonders bei den Ärzten sei das Bewusstsein für die Bedeutung der berufsbegleitenden Reflexion gering ausgeprägt, kritisiert Hans-Joachim Fuchs, selbst Arzt für Allgemeinmedizin, Psychosomatische Medizin und Arbeitsmedizin. Dabei hätten Studien gezeigt, dass etwa zehn Prozent der Ärzte in einem Burn-out-Stadium wären, das gefährlich für sie und für ihre Patienten wäre; weitere 40 Prozent in einem mittleren Stadium. "Und typischerweise kommt zum Burnout noch der Alkohol und Tablettenmissbrauch - beim männlichen, aber auch beim weiblichen Personal", so Fuchs. Supervision könne nicht heilen, aber vorbeugen: Studien haben gezeigt, dass bei Supervision die Krankenstände des Personals zurückgehen. Außerdem, so Fuchs, bieten Supervisionsgruppen oder so genannte Balint-Gruppen "enorme Möglichkeiten der Fortbildung, gerade auch für Hausärzte". Neue Behandlungsmethoden können ebenso besprochen werden wie Kommunikationsprobleme oder Überlastung.

Eher die Ausnahme

Auch vom Pflegepersonal würde diese Chance zu wenig genutzt, diagnostiziert Marcher vom ÖGKV. Verständlicherweise: "Da gibt es den ohnehin schon bestehenden Zeitmangel, Stress und die Schichtdienste - von Supervision redet man da gar nicht." Außerdem werde Supervision vom Management noch immer häufig abgetan: "Es gibt einzelne Häuser und Einrichtungen, die das wirklich forcieren, doch generell würde ich sagen: Es ist noch eher die Ausnahme", so Marcher.

Um hier gegenzusteuern, müssten Krankenhaus- und Abteilungsleitungen Supervision offensiv unterstützen, fordert Karl Buchinger, Professor für Supervision und Organisationsberatung an der Uni Kassel. Im eigenen Interesse: Über Supervision können Strukturprobleme aufgedeckt werden. Oft fehle auch die Führungskompetenz: "Der Primararzt sieht sich selbst als den Spezialisten, gleichzeitig muss er eine hochkomplexe Organisation leiten", erklärt Buchinger. Solche Rollenwidersprüche werden in der Supervision reflektiert.

Supervision kann individuelle Reflexion mit dem Supervisor bedeuten oder auch die Betrachtung im Team. Doch: "Auch Gruppensupervision bedeute nicht Seelenstriptease", betont die Supervisorin Eva Münker-Kramer vom Berufsverband Österreichischer PsychologInnen: "Supervision darf keine Therapie sein, es geht um die berufsbezogene Selbstreflexion." Großen Handlungsbedarf sieht sie im Bereich der Hauskrankenpflege: "Da wäre Reflexion sehr wichtig - man arbeitet oft alleine und kann die Probleme nicht einmal im Team besprechen." (Heidi Weinhäupl, DER STANDARD, Printausgabe, 26./27.4.2003)