Tirana/Damaskus - Die USA sind nach der Präsentation des Nahost-Friedensfahrplans offenbar entschlossen, den Druck auf Syrien zu verstärken. Bei seinem Besuch in Damaskus wolle er die dortige Führung zu einer Änderung ihrer Politik "ermutigen", sagte US-Außenminister Colin Powell am Freitag in Tirana. Auf dem Weg in den Nahen Osten war er zu einem Kurzaufenthalt in Albanien eingetroffen, um dem Land für die Unterstützung im Irak-Krieg zu danken. Powell wurde am Abend in Damaskus erwartet, wo er mit Präsident Bashar Assad und Außenminister Faruk Sharaa zusammentreffen soll. US-Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice hat ihrerseits Syrien erneut aufgefordert, die pro-iranische libanesische Schiiten-Miliz Hisbollah zu "zerschlagen".
"Al Thawra": Keine Konzessionen bei Golan-Höhen
"Sie (die Syrer) haben jetzt einen neuen und anderen Nachbarn als in den vergangenen rund 20 Jahren", sagte Powell unter Bezugnahme auf den Irak-Krieg und den Sturz des Bagdader Baath-Regimes von Saddam Hussein. "Ich werde sie ermutigen, sich diese Veränderungen und ihre Politik in den vergangenen Jahren anzuschauen und zu prüfen, ob diese Politik angesichts der veränderten Lage noch relevant ist." In der syrischen Zeitung "Al Thawra" hieß es dazu am Freitag, es werde keine Konzessionen geben, wenn es um die besetzten Gebiete - Golan-Höhen - und die Rechte der Menschen gehe.
Ölpipeline zwischen Irak und Syrien angeblich stillgelegt
Die USA hatten Syrien unter anderem vorgeworfen, an der Produktion von Massenvernichtungswaffen zu arbeiten und führenden irakischen Persönlichkeiten die Flucht ermöglicht zu haben. Auch die Unterstützung für palästinensische Gruppen, die von den USA als terroristisch betrachtet werden, dürfte zur Sprache kommen. Ihr Hauptquartier in Damaskus haben die radikalen Organisationen PFLP (Volksfront für die Befreiung Palästinas), DFLP (Demokratische Front für die Befreiung Palästinas), PFLP-GC (Volksfront für die Befreiung Palästinas/Generalkommando) und Saika.
Die amerikanischen Truppen im Irak haben nach Pentagon-Angaben eine Ölpipeline zwischen dem Irak und Syrien stillgelegt. Durch die Pipeline sollen täglich rund 150.000 Barrel Öl nach Syrien geflossen sein. Syrien soll inzwischen unter amerikanischem Druck die erste Frau des verschwundenen irakischen Präsidenten Saddam Hussein, Sajida Khairallah, zusammen mit ihren drei Töchtern ausgewiesen haben.
Rice fordert Zerschlagung der Hisbollah
Rice hat Syrien erneut aufgefordert, die Hisbollah zu "zerschlagen". Washington fordere zudem "bei jeder Gelegenheit" von der syrischen Führung, "nicht mehr den Terrorismus zu unterstützen" und die "Hauptquartiere von Terrorgruppen" in Damaskus zu schließen, sagte Rice der israelischen Tageszeitung "Yediot Aharonot" vom Freitag. Auch müsse die Gefahr, die Raketenstellungen der Hisbollah entlang der Grenze zu Israel darstellten, gebannt werden.
Die syrische Spitzendiplomatin und Außenamtssprecherin Buthaina Shaaban hatte vergangene Woche vor dem US-Rat für Internationale Beziehungen in Washington betont, Syrien werde nicht auf amerikanische Forderungen eingehen, Maßnahmen gegen die Hisbollah im Libanon zu ergreifen. Die Hisbollah ("Partei Gottes") sei eine legale politische Partei, die mit dem Ziel gegründet worden sei, ihr Land von der israelischen Okkupation zu befreien. Frieden im Nahen Osten könne es nicht geben, solange die israelische "Okkupation und Kolonisation" anhielten, unterstrich die syrische Diplomatin. Hisbollah-Führer Hassan Nasrallah hatte die USA wegen des Irak-Kriegs vor Vergeltungsangriffen gewarnt. Die USA wollten Israels "Dominanz in der Region" durchsetzen, hatte er erklärt. Israels Premier Ariel Sharon hatte von den USA massive Druckausübung auf Syrien verlangt, um die Zerschlagung der Hisbollah zu erreichen, die im Südlibanon die frühere israelische Besatzungszone unter ihre Kontrolle gebracht hat. Syrien hat noch rund 20.000 Soldaten im Libanon stationiert.(APA)