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Foto: REUTERS/Kim Kyung-Hoon

Linz - Experten schlagen Alarm: Die Zahl der Kinder, die zu gewalttätigen Handlungen neigen, ist in den vergangenen Jahren deutlich angestiegen. Vor allem bei jüngeren Kindern seien immer häufiger "Auffälligkeiten" in verschiedenster Form erkennbar. Der Altersdurchschnitt in den speziellen Betreuungseinrichtungen habe sich deutlich gesenkt, und bereits Sechsjährige würden therapeutische Hilfe benötigen, erklärte der Geschäftsführer des oberösterreichischen Sozialprojektes "Arge Noah", Herbert Siegrist, im Gespräch.

Waren es vor einigen Jahren noch einige wenige Anfragen pro Jahr bezüglich eines Betreuungsplatzes in einer der "Arge Noah"-Einrichtungen, so sind es derzeit rund zehn Kinder im Monat, die einen Platz benötigen würden. Die so genannten Auffälligkeiten seien - so Siegrist - sehr unterschiedlich. "Vor allem Buben neigen in unverarbeiteten Konfliktsituationen eher zu aggressiven Handlungen gegenüber Anderen, während bei Mädchen eher selbst verletzende Tendenzen - etwa Schnitte an den Armen - beobachtbar sind", so der Experte.

Gründe

Die Gründe für den Anstieg seien sehr vielfältig: Sicherlich sei es auch ein "gesellschaftliches Problem", denn oft hätten Eltern zu wenig Zeit, ihre Kinder durch die einzelnen Entwicklungsschritte adäquat zu begleiten. "Viele Elternteile können zum Beispiel nicht auf den Luxus einer Großmutter zur Kinderbetreuung zurückgreifen. Auf Grund des Zeitmangels von Mama und Papa sind Kinder folglich oft allein - leider auch in so manchen Problemsituationen", erklärte Siegrist. So manche Eltern würden in der Kindererziehung regelrecht "ausbrennen" und könnten dann dem Kind nicht mehr die nötige Stütze geben.

Möglicher Grund könnte auch der oft zu leichte Zugang zu "nicht dem Alter entsprechenden Materialien" sein. "Immer wieder gibt es Fälle, wo ein Pornofilm oder ein Gewaltvideo am Wohnzimmertisch liegen und das Anschauen solcher Videos der Grund für spätere Auffälligkeiten sein kann", so Siegrist. Ein "gesellschaftlich nicht angepasstes Verhalten" zum Beispiel in der Schule oder im Kindergarten sei in nicht wenigen Fällen auch ein "Hilfeschrei" nach einem sexuellen Missbrauch.

Spezielle Therapien

In den Wohngemeinschaften der "Arge Noah" werden betroffene Kinder und Jugendliche in Kleingruppen rund um die Uhr betreut. Neben einer schulischen Ausbildung werden auch spezielle Therapien angeboten. Betroffene Kinder und Jugendliche sollen wieder einen "Leitfaden für ihre weitere Entwicklung finden". "Oft merken junge Klienten erst im Zusammenleben und in Gesprächen mit Anderen, dass es nicht normal ist, einen Zungenkuss vom Papa zu bekommen oder sich vom Onkel begrapschen zu lassen", erklärte Siegrist. (APA)