Boston/Wien - Um zumindest 2,2 Milliarden Dollar (1,95 Mrd. Euro) dürften aufgrund der Lungenkrankheit Sars (Schweres Akutes Atemwegssyndrom) im IT-Bereich geringere Umsätze getätigt werden, schätzt das US-Marktforschungsinstitut Aberdeen Group. Diese Rückgänge, die für die nächsten zwei bis drei Monate veranschlagt wurden, kommen vor allem durch zurückgehende Nachfrage an IT-Produkten und Services in den von Sars am stärksten betroffenen Ländern China mit Hongkong, Singapur, Vietnam, Taiwan und Kanada zustande.

Die Untersuchung berechnet vor allem den lokalen Konsum von Technologieprodukten und -services. Nicht mit eingerechnet wurden Auswirkungen auf IT-Unternehmen, die in den Ländern mit Sars-Fällen Produktionsstätten unterhalten und/oder dort wichtige Märkte haben. Sollte die Epidemie weiter um sich greifen, könnte die weltweite Versorgung mit Elektronikkomponenten bedroht sein, meint Aberdeen. Wichtige Chipwerke und Produktionsstätten für elektronische Komponenten sind in den Fernen Osten ausgelagert.

Direkt betroffen sind die Technologiehersteller, die für den asiatischen Raum produzieren. Es ist dies vor allem der chinesische Computerhersteller Legend, der in erster Linie für den Heimmarkt produziert. Die in Taiwan ansässige Acer hat bereits die Vorausschau für ihre PC-Verkäufe in China um die Hälfte bis ein Drittel zurückgenommen.

Aberdeen führt in der Untersuchung aus, dass ein Umsatzrückgang von 2,2 Mrd. Dollar bei einem 1,26 Billiarden US-Dollar-Weltmarkt nicht unterschätzt werden dürfe. Damit könne eine beginnende Erholung der ganzen Branche weiter hinausgezögert werden; außerdem seien gerade in den Ländern, in denen Sars bisher aufgetreten ist, die höchsten Wachstumsraten im IT-Sektor zu verzeichnen gewesen. China sei einer der großen Hoffnungsmärkte der IT-Industrie.

In der Aberdeen-Untersuchung ist man davon ausgegangen, dass man spätestens im dritten Quartal dieses Jahres die Krankheit in den Griff bekommen wird und es Maßnahmenpläne zur Eindämmung gibt.

Geringere Reisetätigkeit

Nachdem die Weltgesundheitsorganisation WHO die Warnung ausgegeben hatte, dass von Reisen nach Toronto, Hongkong, Peking und weite Teile Chinas derzeit abgeraten wird, haben viele Technologiefirmen die Reisetätigkeit ihrer Mitarbeiter eingeschränkt. Stattdessen wird auf Kommunikationsmittel wie Videokonferenzen ausgewichen.

Die Computerfachmesse Computex 2003 in Taipeh, die für den 2. bis 6. Juni geplant war, wurde von den Organisatoren auf die zweite Jahreshälfte verschoben. Als Grund wird eine Stornowelle unter ausländischen Besuchern angegeben. Ein neuer Veranstaltungstermin soll erst Ende Mai festgesetzt werden, so die Veranstalter. (ruz/DER STANDARD Print-Ausgabe, 3.5.2003)