Wien - "Nicht die Flüchtlinge, sondern vielmehr die Sicherheitsbehörden sollen in Zukunft mehr Rechte erhalten": Mit diesen Worten kritisiert die Wiener Anwältin und Asylrechtsexpertin Nadja Lorenz den Entwurf für ein neues Asylgesetz, der von Innenminister Ernst Strasser (ÖVP) dieser Tage in die Begutachtung geschickt wurde. So seien laut Entwurf "Fremde" binnen 48 bis 72 Stunden im Rahmen des neuen Zulassungsverfahrens "der Erstaufnahmestelle vorzuführen, (. . .) zu durchsuchen und erkennungsdienstlich zu behandeln". Als ob es sich - Stichwort Durchsuchung -"um Strafverdächtige" handle und nicht um Flüchtlinge, die im Rahmen "eines Verwaltungsverfahrens" um Asyl ansuchten.

Mögliche Beratung für Flüchtlinge

Überhaupt stelle sich die Frage, wie Flüchtlingen während dieses Zulassungsverfahrens in Zukunft Zugang zu "unabhängiger rechtlicher Beratung" ermöglicht werden solle. Weil erstens dem um Asyl Ansuchenden nur ein - vom Innenministerium unter Vertrag genommener - "Rechtsberater" zur Seite gestellt werden solle. Und zweitens eine "ungerechtfertigte Entfernung" aus der Erstaufnahmestelle ("Etwa, um sich von außerhalb anwaltlichen Rat zu holen?") die Einstellung des Verfahrens zur Folge haben soll. Lorenz: "Das ist wirklich grotesk".

Den Einwänden des UNHCR, wonach laut Entwurf "zusätzliche Hürden auf dem Weg zum Asyl" aufgerichtet würden, schließt sich die Anwältin an. Vor allem das so genannte "Neuerungsverbot" sei infrage zu stellen, wonach Asylgründe - außer bei traumatisierten Personen und bei Folteropfern - nur mehr in der ersten Instanz vorgebracht werden dürften.

Außerdem: Wer in erster Instanz nicht zugelassen werde, solle in Zukunft sofort abgeschoben werden können - womöglich in den Verfolgerstaat. "Ein verfassungs- und menschenrechtswidriges Vorgehen", wie Lorenz meint. (Irene Brickner, DER STANDARD Printausgabe 3.5.2003)