Mehr als die Hälfte des österreichischen Biermarktes geht an den drittgrößten Braukonzern der Welt, Heineken. Ein zuerst innerösterreichischer Konzentrationsprozess findet seine logische Fortsetzung: In den vergangenen Jahren übernahm die Brau-Beteiligungs-AG (BBAG) mit ihrer Tochter Brau Union viele kleinere und größere österreichische Brauereien, bis ein Haus entstand, das Zipfer, Gösser, Kaiser, Schwechater und Puntigamer sowie Fruchtsäfte wie Pago und auch Gasteiner Mineralwasser produziert. Und nun übernimmt der Heineken-Konzern mit seiner Ein-Marken-Strategie diese ganze BBAG.

Schwere Zeiten für "BBAG-Freie"

Für die verbleibenden "BBAG-freien" österreichischen Biermarken wie Hirter, Trumer oder Stiegl brechen schwere Zeiten an - denn der Handel wird als Absatzmarkt von Bier immer stärker: 1985 wurden über den organisierten Handel 40 Prozent abgesetzt; 2001 waren es schon fast 60 Prozent. Und der in Österreich bereits mit Billa und Spar sehr konzentrierte Handel findet mit einem neuen Europa-Marktführer Heineken-BBAG einen kongenialen Partner. Kein Zweifel, dass sich kleine, aber feine Spezialbrauereien spätestens jetzt keine Gedanken mehr machen müssen, bei den Konditionen mitbieten zu können. Auch wenn die BBAG dies derzeit noch strikt von sich weist: Der Weg zum Einheitsbier ist durch den Handel und die Konzentrationen vorgegeben.

Dennoch ist die Übernahme eines Unternehmens ein völlig normaler Vorgang. Etwaige Verzerrungen wie zu viel Einheitsbier sollten sich in einem funktionierenden Markt von selbst regulieren. Aber leider funktioniert in Österreich der Markt so nicht. Das, was hierzulande als Markt bezeichnet wird, ist oft nur eine Karikatur: Im Handel beherrschen Billa und Spar das Land und entscheiden mit ihrer "Sortimentspolitik", was gekauft wird. Im Medienbereich gibt es de facto kein Kartellrecht. Bei den Banken wurden jahrelang Konditionen im Lombard-Klub besprochen; und die Bewertungen an der Börse sind oft Kaffeesudleserei: Die BBAG, die nun um 1,9 Milliarden Euro den Besitzer wechselt, war zu Jahresende 2002 mit 574,6 Millionen Euro bewertet.

Stichwort Eigenkapital

Ein Kernproblem der österreichischen Wirtschaft: Die Aufbringung von Eigenkapital funktioniert nicht - ein wichtiger Grund, dass die Übernahmen zur Einbahnstraße werden. Immer sind es die österreichischen Unternehmen, die übernommen werden, fast nie haben die Österreicher Geld und Mut, um auf der anderen Seite zu stehen: Bank Austria, Billa, Steyr, Jenbacher, Austria Tabak, Telekom Austria, Post: Immer sind es Übernahmen oder Übernahmekandidaten, nie weit blickende Unternehmen, die selbst hungrig sind. Rare Ausnahme ist die Erste Bank, die in Osteuropa eine Erfolgsstory schreibt. Eine Änderung dieses Trends dürfte aber leider kein Anliegen der heimischen Wirtschaftspolitik sein. (DER STANDARD Print-Ausgabe, 3.5.2003)